x Roachware: Dezember 2010

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Untergangsszenario

Die verbotene Insel

Kooperative Spiele gehören schon seit langem zur Spieleszene. Schon Ende der '70er / Anfang der '80er gab es Spiele wie das Bärenpiel, den Sauerbaum oder später auch Tabaijana. In den letzten Jahren waren es dann auch 'erwachsenere Spiele' wie zum Beispiel das Herr der Ringe-Brettspiel, Pandemie, Schatten über Camelot oder Battlestar Galactica – das Brettspiel, die die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Neu in diesem Reigen ist Die verbotene Insel, das schon mit seinem Untertitel 'Ein Team * Ein Abenteuer * Ein Ziel' andeutet, dass worum es geht.

Da gibt es eine Insel, die dem Untergang geweiht ist – lange kann es nicht dauern, und sie wird in den Fluten versinken. Weil eben niemand weiss, wie lange der Insel noch verbleibt, ist der Zugang zu dieser Insel auch strengstens untersagt. Aber das hält einen mutigen Altertumsforscher oder auch vier natürlich nicht davon ab, zu versuchen, die letzten Schätze der ehemaligen Bewohner zu retten.


Bis zu vier Spieler können also an der Expedtion auf die Insel teilnehmen, und finden in der Spieleschachtel alles, was sie dafür nötig haben. Im einzelnen sind das:
  • 6 Spielfiguren
  • 4 Artefakte
  • 1 Wasserpegel mit Wasserpegelanzeiger
  • 24 Kärtchen mit Inselfeldern
  • 58 Spielkarten (24 Flutkarten. 6 Abenteurerkarten, 28 Artefaktkarten – 5 x 4 Karten Artefakt, 3 Karten 'Die Flut steigt', 3 Helikopterkarten, 2 Sandsackkarten

Die Figuren sind bemalte Plastikminiaturen – nett gemacht, aber nichts weltbewegendes. Abgesehen davon, dass eine der weiblichen Figuren in einen hautfarbenen Overall gekleidet zu sein scheint, der beim Blick auf die entsprechende Abenteurerkarte gelb dargestellt wird, was zu überraschten Blicken beim Auspacken führte...

Die Artefakte sind aus Hartgummi oder Plastik, richtig groß und schwer, und wirken in der Schachtel ein wenig fehl am Platz, was das rein Optische angeht. Sie passen aber gut zum Thema, und sorgten in der Testrunde tatsächlich für ein wenig Stimmung. Die Karten haben 'Standardqualität', sind aber schön gezeichnet und deutlich. Auf allen Karten mit spielmechanischen Auswirkungen werden diese kurz wiedergegeben.

Die Inselkärtchen sind aus dicker Pappe, quadratisch, und ziemlich stabil. Sie werden bereits getrennt ausgeliefert, so dass man nicht erst noch Kärtchen aus Stanzbögen befreien muss, was ja manchmal böse enden kann. Alle Inselkärtchen haben Namen wie 'Wüste der Entbehrung' oder 'Tempel der Sonne', einige sind als mögliche Fundorte für die Artefakte markiert, einige als Startorte für die Abenteurer. Man fragt sich allerdings unwillkürlich, ob man wirklich als Pilot am 'Landeplatz der Versager' starten will, wenn andere so cool klingende Startortbezeichnungen haben wie 'Tor des Lichts'.

Zu Spielbeginn wird die Insel ausgelegt – die Standardaufstellung sieht eine runde Insel vor, man kann aber auch andere Formen wählen, die das Spiel ggfs. noch schwieriger machen.

Jeder der bis zu 4 Spieler erhält eine Rolle. Eine echt zufällige Zuweisung wird dadurch erschwert, dass die Karten auch auf der Rückseite unterschiedlich aussehen, obwohl auf der Rückseite nur die Aktionen eines Zuges (die für alle Spieler gleich sind) verzeichnet sind. Man kann wählen aus: Taucher, Pilot, Bote, Ingenieur, Navigator und Forscher.

Dann beginnt de Flut schon mal zu steigen, und wird das im Laufe des Spiel auch immer weiter tun. Überflutete Inselfelder werden zunächst einmal umgedreht, was an der blauen Farbe zu erkennen ist. Jeder Spieler erhält schon einmal zwei Artefaktkarten, die er offen vor sich auslegt.

Reihum hat dann jeder Spieler drei Schritte in seinem Zug: er führt bis zu 3 Aktionen aus, er zieht 2 Artefaktkarten und er 'bearbeitet' die Flutung der Insel.

Aktionen? Sind wiederum vier verschiedene möglich, die in beliebiger Kombination und Reihenfolge durchgeführt werden können. Man kann seinen Abenteurer bewegen – 1 Aktion pro Feld, hierbei darf nur der Forscher diagonal gehen, und der Taucher in überfluteten Feldern abbiegen, und dabei auch versunkene (also nicht einfach überflutete) Inselfelder überqueren, aber nicht seinen Zug dort beenden. Der Pilot darf außerdem einmal im Spiel (oder einmal pro Zug? Die Anleitung ist da nicht ganz eindutig, einmal pro Zug erscheint uns allerdings etwas sehr stark) eine Bewegung auf ein beliebiges Inselfeld durchführen. Der Navigator kann auch seine Mitspielerfiguren bewegen.

Die zweite Option ist es, geflutete Inselfelder trockenzulegen, und zwar das, auf dem man gerade steht oder ein waagerecht oder senkrecht anschließendes. Der Ingenieur kann auch 2 Felder trockenlegen, der Forscher auch diagonal angrenzende Felder.

Drittens kann man, wenn man sich auf demselben Feld befindet, Artefaktkarten an einen Mitspieler übergeben, 1 Aktion pro Karte. Ein Bote muss sich nicht erst auf den mühseeligen Weg zum Mitspieler machen, sondern kann die Karten direkt übergeben.

Zuguterletzt kann man, wenn man vier gleiche Artefaktkarten hat und sich auf einem der beiden mit dem Artefakt markierten Felder befindet, das betreffende Artefakt finden, indem man die Karten ablegt. Damit ist etwa ein Fünftel des Spielziels erreicht.

Ein Fünftel? Ja, den wenn alle Artefakte gefunden sind, muss die Gruppe sich noch auf dem Landeplatz der Versager treffen, um davonfliegen zu können.

So weit, so leicht - würde die Flut nicht unaufhaltsam steigen. Und je mehr sie gestiegen ist, desto schneller versinken Inselplättchen in den Fluten. So lange sie nur überflutet sind, ist ja noch alles harmlos, denn man kann sie ja wieder trockenlegen. Wenn aber ein einmal überflutetes Feld noch einmal von der Flut getroffen wird, bevor es trockengelegt wurde, versinkt es unrettbar in den Fluten und kann auch nicht mehr durchwatet werden. Nur der Taucher kann hier noch durch, aber auch nichts mehr vom Grund heraufholen.

Dementsprechend gibt es auch vier Möglichkeiten, das Spiel zu verlieren:
  • wenn beide Fundorte eines Artefakts rettungslos verloren sind, und das Artefakt noch nicht grfunden wurde
  • wenn der Landeplatz der Versager versinkt (dann hat man wirklich versagt)
  • wenn ein Forscher auf einem versinkenden Inselfeld steht und sich nicht mehr retten kann
  • wenn der Wasserstandsanzeiger den Maximalstand erreicht – gekennzeichnet durch einen Totenkopf

Bei vielen kooperativen Spielen gibt es sozusagen eine 'Idealtaktik', die die bestmögliche ist. So eine ist uns bei den (zugegebenermaßen wenigen) Testrunden nicht aufgefallen – es hängt viel zu viel davon ab, welche Abenteurer auf der Expedition dabei sind, wo die Artefakte liegen, welche Plättchen zuerst versinken, und so weiter. Es ist eine gute Chance gegeben, dass man es schafft, man sollte sich aber, wie bei den meisten kooperativen Spielen, besser nicht darauf verlassen.

Aus den Testrunden scheint es mir, dass die Chancen etwas besser stehen als zum Beispiel bei Pandemie, aber dennoch alles andere als gut. Für Diskussionsstoff, was denn besser zuerst zu tun sei, ist auf jeden Fall gesorgt.

Die auf der Schachtel angegebene Spieldauer von 30 Minuten dürfte wohl nur bei bereits gut eingespielten Teams einzuhalten sein, etwa die Hälfte mehr dürfte wohl realistischer sein.

Gerade für die dunkle Jahreszeit (als Zeit der Familienspiele) ist dies ein schönes Spiel, das auch normale Spieler ansprechen dürfte. Als kooperatives Spiel ist es natürlich nichts für hyper-agonale Spieler, die unbedingt einen Sieger benötigen, aber für alle anderen m.E. uneingeschränkt zu empfehlen.

HerstellerSchmidt-Spiele
AutorMatt Leacock
Spieler2-4
Denken8
Glück4
Geschicklichkeit0
Preis ca.18 €
Hier klicken um mehr zu lesen...

Hieb- und stichfest besiegelt

Wizard Extreme

Wizard an sich ist ja schon fast ein eher alter (Zauber)Hut – ein mehr oder minder klassisces Stichspiel. Was also ist nun in der Schachtel, die sich da nun "Wizard Extreme" nennt?

Nun, auf jeden Fall sind mal wieder Karten drin – und diese haben wieder sehr schöne – und neue – Motive zu bieten. Im Gegensatz zum "klassischen" Wizard gibt es hier 5 Kartenfarben – ein ganzer Satz besteht nur aus Zauberern und ist somit immer Trumpf. Und es werden grundsätzlich alle Karten verteilt – das heißt, man spielt je nach Spieleranzahl mit 45, 60 oder 75 Karten.

Das macht das Spiel natürlich etwas berechenbarer – und das muss es auch sein, denn bei Wizard Extreme soll man nicht nur vorhersagen, wieviele Stiche man bekommt, sondern auch, in welcher Farbe diese Stiche sein werden. Entsprechend nimmt man nachdem man seine Karten angesehen hat die entsprechende Anzahl farbiger Siegel – sollte die "gewünschte" Farbe schon vergriffen sein, nimmt man diese einem Spieler weg und gibt diesem dafür ein Fragezeichen, womit ein "beliebiger" Stich angesagt ist.

Während des Spieles wirft man dann mit jedem Stich, den man macht, die entsprechende Siegelfarbe wieder in die Mitte – sollte man einen Stich bekommen, den man gar nicht wollte (also kein Siegel dafür hat), bekommt man ein schwarzes Strafsiegel. Am Ende der Runde möchte man möglichst keine Siegel haben – alles, was man dann noch hat, sind Minuspunkte.

Klingt nicht wahnsinnig kompliziert, ist es auch nicht; allerdings macht die Trumpffarbe (rot) das ganze schon mal wieder interessanter – und die Möglichkeit für einen Spieler, den schwarzen Magier zu nehmen. Dieser bringt zwar automatisch Minuspunkte, aber dafür hat man dann das Ziel, den Gegnern noch mehr davon zu servieren – bei entsprechendem Kartenblatt zumindest eine Alternative.

Was zuerst wirklich simpel aussieht, kann durchaus raffinierter werden, als man zuerst denkt – immerhin ist es schon interessant, wer welche Farbe ausspielt; wenn man nicht trumpfen will (oder noch schlimmer – kann), kommt man vielleicht gar nicht mit allen seinen Karten zum Anspiel, insofern sollte man schon recht genau überlegen, welche Stiche man wohl bekommt. Insofern ist Wizard Extreme sicher eine ganze Ecke taktischer als das einfache Wizard.

Kommen wir mal zur Spielausstattung: Die Karten sind wie schon beim Original Wizard sehr schön gestaltet (Lob an den Grafiker!), und mischen sich gut. Die Marker sind okay, der Schwarzmagier – nun, hat seinen Standfuß leider schon verloren. Das Haupt"problem" des Spiels ist nämlich offenbar die Verpackung – alles fliegt durcheinander, und die Amigo-Schachtel hält nicht gerade so gut zu, wie man hofft – Kartendurcheinander ist ja nicht weiter schlimm, aber mittlerweile habe ich für die Marker einen Ziplock-Beutel eingeplant, nachdem ich sie mehrmals – außerhalb der Schachtel – aus meinem Spielekoffer fischen konnte. Klar, ein eher kleines Ärgernis, aber so wisst ihr wenigstens, dass ihr ein entsprechendes Behältnis einplanen könnt – und vielleicht noch ein Gummiband, damit die Schachtel zu bleibt.

Insgesamt gefällt mir Wizard Extreme etwas besser als das klassische Wizard – es ist zwar schon Glück dabei, aber weniger, und die Siegel geben dem eigentlich einfachen Spiel schon einen neuen Dreh. Kann man auf jeden Fall gut "zwischendurch" spielen, und nimmt auch wenig Platz im Gepäck weg.


HerstellerAmigo Spiele
AutorStefan Dorra
Spieler3-5
Denken5
Glück4
Geschicklichkeit0
Preis ca.6,99 €
Hier klicken um mehr zu lesen...

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Scrabble Hand

Juggler

Als Journalist hat man's bei "Juggler" möglicherweise etwas leichter – denn hier geht es um Wortakrobatik, im wahrsten Sinne des Wortes. Wohl dem, der einen gut sortierten Wortschatz sein eigen nennt, und der auch gut improvisieren kann – Juggler stellt den Spielern die Aufgabe, mit Buchstaben, die sie – per ausgeteilten und nachher gezogenen Karten – erhalten, möglichst wertvolle Wörter zu bilden.


Zu Beginn bekommt jeder Spieler eine Handvoll (schwarzer) Konsonanten, und kann diese Hand in jeder Runde wahlweise um einen weiteren Konsonanten oder einen (roten) Vokal ergänzen, und einen (ungewünschten) Buchstaben – offen – ablegen. Wer an der Reihe ist darf dann auch – statt blind zu ziehen – einen solchen offenen Buchstaben aufnehmen. So entstehen nach und nach Worte auf den Händen der Spieler, und wer "sein" Wort zusammenhat, und meint, es wäre wertvoll genug, kann die Runde beenden, wonach jeder noch einmal ziehen und/oder ablegen darf, und dann wird abgerechnet – klingt simpel? Das Grundprinzip ist es auch, aber hier gibt es durchaus taktischere Möglichkeiten als zB bei Scrabble (wer da gut ist, ist hier allerdings auch nicht gerade schlecht aufgehoben). Denn bei der Abrechnung zählen die Werte der Buchstaben des gebildeten Wortes als Pluspunkte, und die der nicht verwendeten, die man nicht ablegen konnte, als Minuspunkte. Punktewerte der Buchstaben variieren (und das sogar nach Sprache – ebenso wie die Häufigkeit; mit dem getesteten Set lassen sich Decks für Deutsch, Englisch und Französisch zusammenstellen); ein E oder N ist beispielsweise nur 1 Punkt wert, ein X hingegen 8 – Oh, du hast ein Currymix auf der Hand? Teures Wort... aber auch der "Lattenzaun" beim ersten Test auf der SPIEL war wohl eindrucksvoll (wenn er auch in der letzten Sekunde zustandekam).

Juggler ist ein recht kurzweiliges und dennoch anspruchsvolles "Zwischendurchspiel" - die geschätzte Spieldauer ist 20 Minuten pro Teilnehmer, und das stmmt auch grob. Man spielt einfach, bis einer die vereinbarte Punktzahl erreicht (70 Punkte werden vorgeschlagen, und wenn das Prinzip einmal bekannt ist, "jongliert" man auch recht fix mit den Buschstaben. Gut bedient ist natürlich der, der schnell umdenken kann, wenn man irgendwelche Buchstaben einfach nicht bekommt – ihr wollt "stuendlich" bauen und es kommt einfach kein T? Dann werft ihr eben das N weg und bastelt "suedlich" - um mal ein Beispiel zu nennen... oder ein anderes... wenn das G für die "Laubsaege" fehlt, aber ein U und ein R ausliegen, kurz umjonglieren – und man hat "Blausaeure" - auch nett... Wer hier den Fehler macht zu unflexibel auf ein bestimmtes Wort hinzuarbeiten, wird wohl eher verlieren, vor allem, wenn die Mitspieler vielleicht etwa ahnen, was einem fehlt und entsprechende Buchstaben dann "mauern"... Glücksfaktor ist zwar vorhanden, aber eher gering – es gibt ja handlicherweise auch eine Liste, wo man sehen kann, wie oft welcher Buchstabe überhaupt vorhanden ist – also kann man durchaus ein wenig auf die Zugstapel "spekulieren".

Insgesamt ein schönes Spiel für wenig Geld, und vom Format eben ein einzelnes Kartenspiel – paßt in jede Jackentasche.



HerstellerGrahams Games
AutorGraham Lipscomb
Spieler2-6
Denken7
Glück2
Geschicklichkeit0
Preis ca.6,25 £

Hier klicken um mehr zu lesen...

Dienstag, 21. Dezember 2010

Nicht nur für Bücherwürmer

Sator Arepo Tenet Opera Rotas

Nein, dies ist keine Einführung in Okkultismus, auch wenn der Name dieses Spiels es vermuten lässt. Sator Arepo... ist zwar ein bekannter 'magischer' Spruch, weil er sich so in ein Quadrat schreiben lässt, das er (wie ein pseudo-magisches Quadrat) in allen Richtungen gelesen erden kann, aber er hat schon einige Jährchen auf dem Buckel - die ältesten (spiegelbildlichen) Überlieferungen dieses Spruches stammen m.W. aus dem 1. Jhd. (Pompeji, Cirencester, Manchester, Petersdom).

Auf diese Geschichte wird in dem gleichnamigen Spiel von Scribabs/PostScriptum/Heidelberger aber nicht engegangen - hier ist es ein Merkspruch, der ketzerische Bücher in einer Klosterbibliothek bewegt und so verdammte Seelen zurückhält. Aber irgendwann kommt die Zeit, dass der alte Hüter des Wissens sein Wissen weitergeben muss, und so schickt er seine Akolythen aus, die Bücher zu sammeln, auf dass er seinem Nachfolger - dem, der ihm als erster eine angewiesene Teilmenge der Bücher bringt - in die Geheimnise einweisen kann. Ein Problem dabei ist, dass die Brücken, die die Regale verbinden, über einem Abgrund beweglich angebracht sind und nicht immer den Weg zu den nötigen Büchern bieten, so dass man sie sich ggfs. erst zurechtschieben muss.


In der Spieleschachtel findet man folgendes:

  • 1 Spielbrett
  • 78 Karten 'Incertus Movet in Aere Sospeso'
  • 31 Karten 'Liber Fidei'
  • 52 Karten 'Startaufstellung'
  • 4 Akolythen-Spielfiguren
  • 4x4 verschollene Bücher
  • 4 Wasserspeier
  • 4 x 6 Laufbrücken, und zwar verschiedene Polyominos: je ein Domino, ein I- und ein V-Triomino. ein I- und ein T-Tetromino, sowie das V-Pentomino
  • 4 Übersichtskarten
  • die Spielregel in Deutsch und Englisch

Die Namen der Karten heißen übersetzt so viel wie 'er/sie/es bewegt unsicher, in der Luft erhoben' bzw. 'Buch der Treuen / Gläubigen'. (Nicht schlagen, die Übersetzung habe ich ohne Wörterbuch rein aus der Erinnerung an meinen Lateinunterricht durchgeführt...) Die Karten haben normale Qualität, die Laufbrücken müssen vor dem Spiel aus Stanzbögen entfernt werden aus denen sie sich aber sehr gut lösen lassen. Bücher, Wasserspeier und Akolythen bestehen aus Plastik, wobei die Wasserspeier und Akolythen wirklic schön modelliert sind - man könnte sie one weiteres auch für Battlemaps oder ähnliches missbrauchen.

Leider sind die Karten zwar sehr stimmungsvoll gezeichnet, aber man muss sie schon gut kennen um ihre Bedeutung sofort zu erkennen. Zuminest in den ersten Spielen wird die Seite mit der Erläuterung dieser Karten oft um den Tisch gehen - es wäre schön gewesen, wenn diese Übersicht als ein 'Spickzettel' mehrfach beigelegt worden wäre.

Anm.: Achja, das übersetzte Latein: auch die Sprüche auf den Karten scheinen mir ein wenig 'Küchenlatein' zu sein. 'Victoria in manu nobis est' als 'Der Sieg liegt in unseren Händen'? Manu ist IIRC Dativ/Ablativ Singular, und 'nobis' ist Ablativ zu Nos, nicht das besitzanzeigende Adjektiv - das müsste mW nostrae sein bzw. im Ablativ nostra. Was allerdings nichts an der Stimmung ändert, die durch diese Sprüche erzeugt wird, und die an eine Gregorianische Messe erinner.

Zu Spielbeginn werden die Bücher mit Hilfe der Startaufstellungs-Karten auf dem Spielfeld verteilt, so dass in jedem Spielfeldviertel ein Buch jedes Spielers liegt. Anschließend werden die Laufbrücken unter den Spielern verteilt (wobei diese zwar vier Farben haben, aber nicht einem bestimmten Spieler zugewiesen sind) und auf das Spielfeld gelegt, so dass sie möglichst kurze Wege zu den eigenen Büchern bieten.

Jeder Spieler erhält zufällig 4-6 'Incertus'-Karten, wobei später startende Spieler mehr Karten erhalten. Die 'Liber'-Karten werden nach Spielerfarbe aufgeteilt jeder Spieler erhält einen eigenen Satz, den er mischt und vor sich ablegt.

Eine Spielrunde besteht aus den folgenden fünf Schritten, die in dieser Reihenfolge durchgeführt werden: Karten tauschen, Karten ausspielen, Akolythen bewegen, Karten abwerfen, Karten ziehen.

Tauschen erfolgt immer im Verhältnis 2:1, wobei man sich eine Karte aus den Zugstapeln aussuchen darf, wenn eine der beiden ausgespielten Karten ein 'Liber' war. Da diese 'Liber'-Karten aber nach dem Ausspielen / Tauschen nicht mehr zur Verfügung stehen, sollte man schon einen guten Grund dafür haben...

Anschließend darf man Karten im Wert von 6 Aktionspunkten ausspielen - jede Karte hat einen Kostenwert. Die 'Incertus'-Karten erlauben das Bewegen oder Drehen von Brücken (sowie automatisch die Bewegung des Akolythen), die 'Liber'-Karten ermöglichen Sonderaktionen wie den Sprung über den Abgrund, die Bewegung gegnerischer Akolythen, das Besetzen einer Brücke mit dem Wasserspeier, wodurch diese nicht mehr bewegt werden darf, etc.

Erst wenn all diese Aktionen ausgeführt wurden, wird der Akolyth so viele Felder bewegt, wie der Spieler 'Incertus'-Karten ausgespielt hat. Dabei darf man nicht durch einen anderen Akolythen gehen, oder auf einem Feld mit einem Buch eines Mitspielers stehen bleiben. Eigene Bücher werden unterwegs automatisch aufgesammelt.

Karten abwerfen bedeutet, dass die vorher ausgespielten Karten jetzt auf die Ablagestapel kommen - 'Incertus'-Karten auf einen gemeinsamen, der auch wiederverwendet werden kann, 'Liber'-Karten auf einen eigenen, der auch nicht ins Racycling kommt.

Schließlich zieht man so viele Karten nach, dass man wieder 6 Karten auf der Hand hat. Dabei darf man, wie auch sonst während des Spiels, nicht über drei 'Liber'-Karten auf der Hand kommen.

Während des Zuges darf man zusätzlich einmal seinen Akolythen 1 Feld bewegen, eine Brücke 1 Feld bewegen oder eine Brücke drehen - das darf auch vor oder während des Kartenausspielens geschehen, und eröffnet so zusätzliche Möglichkeiten, die Karten zu verwenden.

Sobald ein Spieler alle 4 Bücher gesammelt hat, hat er gewonnen.

Wenn man das Thema subtrahiert, bleibt ein einfaches, aber gewitztes Zugspiel übrig, das auch vom Ärgerfaktor lebt. Es geschieht öfter als man denkt, dass der geplante Weg durch Aktionen der Mitspieler plötzlich unmöglich wird, und ein Teil der eigenen Aktionen wird immer damit verbracht, die Probleme, die sich aus den Zügen der Gegner ergeben, zu umgehen. Interessant ist, dass man eigentlich nur durch Bewegen der Brücken seinen Akolythen auf Geschwindigkeit bringen kann, aber dieses Bewegen oftmals nur erfolgen kann, indem man sich selbst den Weg verbaut. Auch sollte man immer die Optionen der Mitspieler im Auge behalten, und vor allem bedenken, welche 'Liber'-Aktionen diese Mitspieler nicht mehr aben, weil sie bereits ausgespielt wurden. Wenn man das im Auge behält, kann man die Mitspieler böse ärgern.

Alles in allem wohl kein Spiel für Onkel Gustav, der nur zur weihnachtlichen Familienfeier genötigt werden kann, ein Spiel anzufassen, aber wer auch sonst im Familienkreis gelegentlich ein Spiel auspackt, dürfte hiermit auch gut bedient sein.


HerstellerScribabs, PostScriptum, und Heidelberger
AutorFederica Rinaldi & Ennrico Pesce
Spieler2-4
Denken8
Glück5
Geschicklichkeit0
Preis ca.35 €

Hier klicken um mehr zu lesen...

Montag, 20. Dezember 2010

Heia Safari

Expedition Sumatra

Auf Großwildjagd im Dschungel – ein Erlebnis, das nicht nur wegen des damit verbundenen Preisschildes für die meisten wohl ein Wunschtraum bleiben dürfte, wenn es denn überhaupt ein Traum ist. Neben den Kosten gibt es ja auch noch jede Menge Regeln und Gesetze zu beachten, will man nicht in Gegenden im Gefängnis landen, wo das ein noch unangenehmeres Erlebnis ist als hierzulande.

Aber es geht ja auch anders: mit dem Brettspiel Expedition Sumatra kann man auf Großwildjagd gehen, ohne dass Gesetzeshüter, Moskitos und Treibsand einen bedrohen. Und es ist nicht einmal wahrscheinlich, dass man sich heillos im Urwald verirrt.


Das Spiel ist, wie auch der Verlagsname, eine internationale Zusammenarbeit. Igramoon ist eine Russisch/Englische Kombination (Spiel – Mond), die Autoren sind Deutsche, die Grafiker kommen aus Polen. Wem der Name Igramoon noch nichts sagt: der Verlag ist neu, voriges Jahr wurde mit Wolf Fang zusammen Kazaam Dice produziert, Expedition Sumatra ist das erste komplett selbstverlegte Produkt.

Dennoch wirkt das Spiel sehr professionell. Die Schachtel hat das heutzutage beliebte quadratische Format und beachtlich schwer. Das liegt am Inhalt, der sich wie folgt darstellt:

  • 1 Spielplan
  • 50 doppelseitige Wege-Plättchen
  • 38 Tiermarker
  • 18 Schiffsteile mit Laderäumen (je 6 Bug, Mitte, Heck)
  • 4 Schiffsplättchen
  • 8 LKWs (je Holzplättchen + Aufkleber)
  • 4 Aktionsmarker
  • Quickfinder-Spielregel in Deutsch und Englisch

Quickfinder bezeichnet eine Art Leporello-Faltung, bei der die herausstehenden Ränder mit Inhalts-Lesezeichen verseen sind, so dass man die gesuchte Stelle schnell finden kann. Ein ungewöhnliches Design, das aber praktisch ist.

Die LKWs müssen mit den Aufklebern versehen werden, das ist die einzige Schwierigkeit vor dem ersten Start. Die Wege-, Schiffs- und anderen Plättchen lassen sich leicht aus den Stanzbögen lösen, und zerlegen sich dabei auch nicht selbst. Die Tiermarker sind Holzwürfel und -quader, wobei die größeren Tiere (Elefanten und Nashörner) doppelt so groß sind wie die würfelförmigen Marker für die kleineren Tiere (Orang-Utan, Tiger, Muntjak). (Anm.: Die Spielemacher erklärten, dass es sich hierbei um den Sumatra-Muntjak handele, der nach Sichtungen in 1930 erst 2008 auf Foto's von 2002 wieder gesehen wurde und auf der sogenannten roten Liste steht. Mehr zum Muntjak auf Wikipedia, über den Link oben.)

Die Plättchen - vor allem der Urwald - sind richtig schön, die Grafiker haben eine Menge Mühe hineingestect, und es hat sich gelohnt. Schon rein optisch macht das Material Lust aufs Spiel.

Auf dem Spielfeld wird ein Teil der Wegeplättchen ausgelegt, wobei die Felder rund um die ausgelegten Plättchen jeweils frei bleiben. Jeder Spieler erhält ein Schiffsplättchen, ein Schiff, bestehend aus Bug, Mittelteil und Heck, und zwei LKW – einen mit großer, einen mit geteilter Ladefläche.

Jedes Schiffsteil kennzeichnet Tiere, die es zu fangen gilt – Bug und Heck sind 'offizielle' Aufträge von Zoos u.ä., das Mittelteil bietet Platz für Tiere, die in den Schwarzmarkt gehen. Die Schiffsteile zeigen auch an, welche Tiere gefangen werden sollen. Zu Spielbeginn erhät man einen Satz zugelost, und kann maximal ein Teil austauschen.

Auf den (zu Spielbeginn verdeckten) Rückseiten der Wegeplättchen sind teilweise Tiere abgebildet, teilweise auch einfache Wegstücke. Außerdem gibt es Spezialplättchen mit Fallen, Eingeborenen, Ferngläserun und Sturm-Plättchen.

Wer am Zug ist, kann vier Aktionen aus einem Satz von fünfen ausführen, wobei die Reihenfolge beliebig ist: Plättchen klappen/drehen, LKW ziehen, Tier fangen, Tier stehlen, Schiff ziehen.

Durch das Klappen (nur möglich bei Plättchen, auf denen kein LKW steht) werden die Rückseiten der Plättchen sichtbar. Wenn es ein Tierplättchen ist, wird ein entsprechender Spielstein abgelegt, wir ein Tierplättchen wieder geklappt, verschwindet das Tier wieder. Auf eine Falle stellt der Spieler ein beliebiges Tier (außer dem Muntjak). Das Fernglas erlaubt einem, zwei verdeckte Plättchen anzusehen, die Sturmplättchen verschieben die Plättchen in der Auslage und lasen die Schiffe sich bewegen. Eingeborene sind eine Art Tierschutzwächter – jeder Spieler (auch der, der das Plättchen aufgedeckt hat) muss ein Spiel aus dem Mittelteil des Schiffes ablegen. Wenn ein Bug- oder Heckauftrag erfüllt ist, muss dieser Spieler (außer dem Spieler am Zug) ein weiteres Tier ablegen. Drehen darf man die Plättchen beliebig weit – da sie meist nur ein bis drei Ausgänge haben, kommt man ansonsten womöglich nicht an sein Ziel.

Sonderplättchen verschwinden sofort nach ihrem Effekt, Tierplättchen bleiben auf dem Spielfeld, bis das Tier gefangen wurde, und werden dann entfernt. Für jeder entfernte Plättchen wird sofort eines aus dem Nachziehstapel verdeckt auf das freigewordene Feld gelegt. Ausnahme: Eingeborene werden unter die nächsten fünf Plättchen gemischt, so dass sie schnell wieder auftauchen können.

Ein LKW-Zug geht, wie beim verrückten Labyrinth so weit wie man will, aber nur über Wege.

Ein 'freies Tier' kann eingeladen werden, wenn ein LKW seinen Zug dort beendet hat und entsprechend Platz auf der Ladefläche hat – wobei große Tiere nur auf die große Ladefläche passen, oder ersatzweise zwei gleiche Tiere.

Stehlen 'kostet' zwei Aktionen – hierbei wird ein Tier von einem gegnerischen LKW auf den eigenen umgeladen, wogegen der Gegner sich nicht wehren kann.

Ein Schiff darf am Rand der Insel ein Feld vor oder zurück gezogen werden.

Es kostet keine Aktion, ein Tier auf das Schiff umzuladen – allerdings muss man sofort entscheiden, in welchen Käfig das Tier gebracht wird, und darf es dann auch nicht mehr umlegen.

Am Ende des Zuges zieht außerdem das Schiff so viele Felder vor, wie Wege von dem Feld abgehen, wo der LKW mit der großen Ladefläche steht.

Das Spiel endet wenn alle Wegeplättchen verbraucht sind, ein Schiff einmal komplett u die Insel gezogen ist oder ein Spieler sämtliche Laderäume seines Schiffes gefüllt hat. Dann gibt es Punkt für die Tiere, sowie für komplett erfüllt Aufgaben. Muntjaks können hierbei (im Mittelteil) viele Punkte bringen, sie können allerdings auch in Aufträgen als Joker andere Tiere ersetzen, was im Endeffekt durch Boni für komplette Aufträge mehr Punkte bringen kann, Außerdem gibt es noch Boni für das schnellste Schiff (wer die Insel komplett umrundet hat).

Es ist natürlich Zufall, welche Tiere wo im Dschungel auftauchen. Ansonsten gilt es, die kürzesten Wege zu finden oder durch Klappen/Drehen der Wegstücke zu schaffen, und die Tiere richtig einzusammeln. Hierbei kann man sich leicht verspekulieren, weil man den Auftrag X denn doch nicht mehr rechtzeitig erfüllen kann – oder man ärgert sich eben, weil man den höherwertigen Auftrag hätte erfüllen können, aber die Tiere falsch im Schiff untergebracht hat. Auch muss man ständig die lieben Mitspieler im Auge behalten, denn das Stehlen bereits gefangener Tiere kostet zwar eine zusätzliche Aktion, aber man hat eben nicht erst das Plättchen umdrehen müssen, was die Extra-Aktion wieder ausgleicht. Übel ist es auch, wenn das Schiff einfach weitergefahren ist und nicht mehr direkt mit dem LKW erreichbar ist. Alles in allem ist also eine Menge Taktik, die man in dem Spiel anwenden muss.

Ein wenig ärgerlich kann der Eingeborene sein, der in der Standardversion manchmal gar nicht (weil irgendwo in der Mitte, wo er nie aufgedeckt wird, liegend), manchmal extrem häufig aufgedeckt wird. Hierzu gibt es auf der Webseite von Igramoon eine Variante, die den Eingeborenen auf maximal 3 Erscheinen pro Spiel begrenzt. Auf der Webseite gibt es außerdem noch andere Erweiterungen und Varianten, die das Spiel für Vielspieler interessanter, weil taktischer, machen.

Weniger gefallen hat mir das Thema - es ist effektiv Wilderei, was da betrieben wird, und die Tiere findet man alle auf den einschlägigen Listen wieder... Allerdings ist das Spiel wohl wirklichkeitsfern genug, dass niemand auf die Idee kommen wird, selber 'mal eben auf Tierjagd zu gehen.

Mit 30 – 45 Minuten Spielzeit ist das Spiel ein gutes Familienspiel, das auch und gerade den Gelegenheitsspieler anspricht.

HerstellerIgramoon
AutorBritta Stöckmann, Jens Jahnke
Spieler2-4
Denken7
Glück6
Geschicklichkeit0
Preis ca.29 €
Hier klicken um mehr zu lesen...

Wüste(n-)Rennen

Jets

Holla, was ist denn das? Sieht aus wie eine Kreuzung aus Oldtimer, Landspeeder und irgendeiner wahnsinnigen Konstruktion aus Science-Fantasy-Filmen – und hängt übergroß über dem Stand von Spieltrieb in der Messe Essen... Spieltrieb ist uns ja durchaus schon bekannt, und schon mehrfach mit schönen Spielideen der etwas anderen Art, mit gutem Spielmaterial und – gerade in der Relation dazu – sehr zivilen Preisen aufgefallen. Aber was verbirgt sich denn bitte hinter "Jets"?

Nun, wer die Schachtel öffnet, findet eine ganze Menge sehr schönes Spielmaterial – die Marker, von denen es eine ganze Menge gibt, sind aus sehr stabilem Karton, ebenso die Spielfiguren, Liftmaßstäbe usw, dazu gibt es noch schöne Holzwürfel zur Lifteinstellung und Karten mit der Ausrüstung – und natürlich die Regel.

Worum also geht es? Laut Hintergrund werden hier sog. "Jets" mit lustigen Extras ausgestattet, um dann möglichst schneller als die Konkurrenz einen Parcours in der Wüste zu durchfliegen – irgendwie erinnert dieses Szenario ein wenig an das Podrace aus Star Wars – Phantom Menace. Auch zu einigen Rennspielen entdeckt man ein paar Ähnlichkeiten – Ben Hur kommt da in den Sinn, vor allem, was die schöne Spielmechanik der Relation zwischen Tempo und Wendigkeit angeht; der "Ausrüstungsfaktor" der Jets (und dass man dem Gegner so richtig schön übel mitspielen kann) erinnert ggf. an KRASH, Car Wars oder sogar Robo Rallye... die Tatsache, dass es kein "Spielfeld" gibt, sondern auf einer beliebigen Oberfläche gespielt wird, auf der die Tore einfach verteilt werden, plaziert Jets in die Riege der Tabletops – wo es auch dadurch hingehört, dass hier Augenmaß gefragt ist, denn man muss zu Beginn der Runde entscheiden, ob man bremsen oder beschleunigen will... und dann stellt sich irgendwann die Frage "krieg ich die Kurve noch"...

Ach ja, Kurven (und wie man sie kriegt) – das funktioniert bei Jets so: Man hat einen bestimmten "Lift" (ähnlich zu sehen wie die Gaseinstellung auf einem Schiff, also "langsam", "mittel", etc... bis "Vollgas", der (normalerweise) am Anfang der Runde nur um 1 nach oben oder unten geändert werden kann. Zu jedem dieser Lifts gibt es einen entsprechenden Lift-Marker, der sowohl die Strecke anzeigt, die der Jet sich in dieser Runde bewegen wird, als auch den Winkel, in dem er lenken kann – diese Winkel werden umso spitzer, je schneller man unterwegs ist, und umgekehrt. Klingt simpel? Die Grundregel ist auch eher einfach, aber es gibt ja noch das Equipment – die Spieler stellen sich am Anfang ihre "Extras" für die Jets zusammen, und das macht das Spiel dann auch umso interessanter. Da gibt es extra Booster (und ihre Gegenstücke) die radikaleres Beschleunigen oder Bremsen erlauben, Traumatorpedos oder Höllenböller, die dem Gegner das Leben ganz schön schwer machen können, Paddles, die beim Lenken helfen, Warpfelder, die einfach mal so ein Tor versetzen, oder Robert, einen kleinen Roboter, der Schäden am Jet repariert (ja, die können auch Schaden nehmen, vor allem wenn die Gegner auf einen rumballern...).

Damit dieser ganze Spaß funktioniert gibt es Energie, die an den Toren nachgetankt werden kann, aber ansonsten schnell Mangelware wird, vor allem wenn man viel "gefräßiges" Equipment einsetzt.

Diese Extras (und auch so lustige Details, wie dass Jets nicht kollidieren können, sondern schlicht an anderen Jets vorbei"slippen") erlauben einen reichlich bunten Rennverlauf, und es kann durchaus vorkommen, dass einer, der erst sonstwo hinten liegt, noch mächtig aufholt...

Wie lange so ein Spiel dauert hängt natürlich von der verwendeten Toranzahl ab (9 sind in der Schachtel enthalten), wie weit (und wie krumm) die auseinanderstehen, und wieviele Spieler sich beharken – kreatives Chaos auf der Rennstrecke, und soviel zum Thema "bewaffnete Fahrzeuge" -
irgendwann wird man sich auch mitten im Straßenverkehr einen "Butt-Kick" wünschen (oder doch lieber einen Sidestepgenerator?).

Da man die Extras immer neu kombinieren kann und auch die Rennstrecke jedesmal anders aussieht, hat Jets definitiv einen sehr hohen Wiederspielwert, und bei der Materialausstattung ist der Preis – typisch Spieltrieb – mal wieder sehr fair. Und auch Leute, die eigentlich eher skeptisch gegenüber sowohl Tabletops wie auch Rennspielen sind, kommen auf ihre Kosten. Sehr schön: Kein Glücksfaktor aus der "Würfelecke", hier entscheidet der Liftabstand, ob etwas funktioniert, trifft, anzuwenden ist – und die Energiemarker entscheiden ggf. ob das gerade möglich ist. Insofern etwas für Taktierer, und – je nach Spieler"laune" - auch etwas für Bluffer, und Leute, die gut improvisieren können – und möglichst viel aus einer Situation herauszuholen vermögen.

In diesem Sinne – Robert, tank die Kiste auf...

HerstellerSpieltrieb GbR
AutorDagmar Frei, Till Meyer
Spieler2-6
Denken9
Glück0
Geschicklichkeit0
Preis ca.31 €
Hier klicken um mehr zu lesen...

Sonntag, 19. Dezember 2010

Würfelsammler

Take it or leave it

Schmidt Spiele - die gibt es noch? war vor einigen Jahren die erstaunte Reaktion vieler Spieler, die Im April 1997 die überraschende Meldung gehört hatten, dass der Traditionsverlag in Konkurs gegangen war. Vor allem Rollenspieler zeigten sich überrascht, da Das schwarze Auge inzwischen von FanPro übernommen worden war. Nur wenig Beachtung hatte gefunden, dass die Karl Blatz Spiele GmbH die Marke und viele Rechte gekauft hatte.

Dennoch gibt der Verlag immer noch Spiele heraus, obwohl das Sortiment zu Beginn ziemlich verschlankt wurde. Aber auch heutzutage haben Schmidt Spiele immer einen der größten Stände auf der Spiel, immer an der gleichen Stelle in Halle 11, wie auch die anderen großen Herausgeber von Familienspielen bevorzugt an festen Plätzen in den Hallen 10-12 stehen. Auch dieses Jahr hatte Schmidt wieder eine Reihe von Neuheiten.


Eine dieser Neuheiten war dieses Jahr Take it of leave it, ein Spiel mit Karten und Würfeln. Das es dennoch kein reines Glücksspiel ist, kommt durch den intelligenten Spielmechanismus, der der Berechnung und dem Bluff ebensoviel Raum läßt wie dem Karten- und Würfelglück.

In der Schachtel finden sich die folgenden Bestandteile:

  • 9 weiße Würfel
  • 9 schwarze Würfel
  • 2 rote ('Joker'-)Würfel
  • ein Würfelteller
  • 76 Auftragskarten
  • 34 Aktionskarten
  • 30 Minus-chips
  • eine Spielregel
Das Material reicht von gut bis hervorragend: die Karten haben 'Normalqualität', aber schon der Würfelteller ist aus schwerem Plastik, mit einem Filzboden. Die Würfel schimmern perlmuttartig, genauso die schweren aber kleinen Minus-Chips in Rot. Die Spielregel ist gleich in sechs Spachen ausgefertigt: Neben Deutsch kann man sie sich auch in Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch und Niederländisch zu Gemüte führen. Eien nette Dreingabe waren die Ziplocktüten, von denen drei in der Dose steckten: in einer steckten die Würfel, die beiden anderen sind wohl für die Karten gedacht, wenn man sich das Format ansieht.


Allerdings hat die Verpackungsmaschine ein kleines Zählproblem gehabt. Als wir das Spiel in der Testrunde gestern auspackten, stellten wir fest, dass einer der beiden roten Würfel nicht dabei war. Aber wozu ist man Spielefreak: der Gastgeber des Abends hatte einen genau passenden Würfel in einem anderen Spiel, den er leihweise zum Spiel hinzugab. Rein optisch sehen die Würfel genauso aus wie die Pearl-Dice von Chessex, als W6 mit Punkten. Wer der Hersteller ist, entzieht sich leider meiner Kennnis, aber sie waren eine nette angenehme Überraschung, als das Spiel ausgepackt wurde. Meist sieht man ja in Familienspielen billiger wirkende Würfel, schon von daher eine gute Wahl.*


Die Auftragskarten zeigen Aufträge an, die es im Spiel zu sammeln gilt, sowie Punktzahlen von 1 bis 5, die man erhält, wenn man den Auftrag erfüllt. Die Aktionskarten geben einem die Möglichkeit, während des Spiels Würfel auszutauschen, neu zu würfeln, Würfelzahlen zu verändern, zusätzliche Würfel wegzunehmen etc.


Jeder Spieler erhält 4 Auftrags- und eine Aktionskarte.


Gespielt wird, indem man (Spieleranzahl plus 4) weiße und genauso viele schwarze sowie die beiden roten Würfel (beim Spiel zu zweit nur einen roten) in den Würfelteller wirft, und dann reihum einen Würfel an sich nimmt. Hierbei dürfen, außer durch Aktionskarten, die einmal geworfenen Würfel nicht nochmal geworfen oder gedreht werden. Wer an der Reihe ist und meint, keinen Würfel sinvoll nehmen zu können, kann auch passen, darf dann aber auch später nicht mehr eingreifen. Wenn alle Würfel weggenommen sind odr alle Spieler gepasst haben, wird gewertet.


Hierbei darf natürlich jeder Würfel nur für eine Karte verwendet werden, und es werden nur vollständig erfüllte Aufträge gewertet. Jokerwürfel drfen hierbei sowohl als rote als auch als schwarze Würfel gezählt werden. Erfüllte Aufgaben werden verdeckt als Punktestapel vor dem Spieler abgelegt, für jeden nicht verwendeten Würfel gibt es einen Minuspunktechip, jeder Jokerwürfel, den ein Spieler besitzt, gibt einen zusätzlichen Minuspunkt (also einen, wenn er verwendet wird, insgesamt zwei, wenn nicht).

Anschließend darf jeder Spieler noch eine Auftragskarte abwerfen, und füllt dann seine Hand wieder auf vier Auftragskarten und eine Aktionskarte auf. Der Startspieler der nächsten Runde ist der Spieler links vom vorherigen Startspieler.

Das Spiel endet, nachdem jeder Spieler eine bestimmte Anzahl Male Startspieler war (dreimal bei 2 oder 3 Spielern, zweimal bei 4 Spielern, einmal bei 5). Wer dann die meisten Punkte (Auftragskarten minus Chips) hat, hat gewonnen.

Nett war, dass die Spielregel sich aller Humorallüren enthielt: keine künstlich witzigen Bemerkingen, keine 'witzige' Bestimmung des Startspielers etc. Nachdem ich letzteres in den letzten Rezensionen immer wieder einmal beklagen musste, war diese Spielregel, auch in iorer Deutlichkeit, eine angenehme Überraschung.

Das Spiel ist zwar glücksabhängig, aber viel wichtiger als Karten- und Würfelglück ist das richtige Planen. Welche Würfel man nimmt, ob man versucht noch einen Auftrag zu erfüllen (und dann mit Minuspunkte sitzen bleibt, weil jemand anders die notwendigen Würfel weggenommen hat), ob man eine Karte zwischen den Runden abwirft um sie zu ersetzen, all diese Entscheidungen sind genauso wichtig wie der Zufall, dass man mit den Würfeln überhaupt etwas anfangen kann.


Das Spiel hat richtig viel Spaß gemacht, und wird sicher noch öfter herausgeholt werden. Mit einer Spieldauer von knapp einer halben Stunde ist es auch familientauglich. Gerade für die bevorstehen Feiertage sollte man es als Option im Auge behalten.

HerstellerSchmidt Spiele
AutorArno Steinwender, Christoph Puhl
Spieler2-5
Denken7
Glück5
Geschicklichkeit0
Preis ca.17,95 €

* Nachtrag: der fehlende Würfel wurde völlig unbürokratisch nachgeschickt. Ein Extra-Lob dem Kundendienst.
Hier klicken um mehr zu lesen...

Freitag, 17. Dezember 2010

Fiese Friesen


Friesematenten

Ich kann mich noch erinnern, als ich vor vielen Jahren das erste Mal als Journalist zur SPIEL kam - damals schrieb ich noch für eine Niederländische Clubzeitschrift. Alles war noch ganz neu und anders als gewohnt. Vor allem: man konnte bereits einen Tag im Voraus nach der Pressekonderenz die Neuheiten bestaunen und sich die ersten Pläne machen, wen man alles in den kommenden Tagen besuchen musste.

Eine Figur, die mir bis dato unbekannt war, war allerdings gerade in der Neuheitenshow ziemlich auffällig. Zwischen all den 'normal' gekleideten (Journalisten und Produzenten) und den kostümierten Anwesenden (Promoter) fiel eine Figur auf, die durch grünes Haar aus der Masse herausstach. Kein Japaner, aber ein Deutscher, der ein Spiel präsentierte. Ich weiss nicht sicher, ob es bei meinem ersten Besuch als Journalist war, aber bei einem der ersten Male wurden mir auch von Bekannten der Spieldesigner Friedemann Friese (der mir den grünen Haaren) und sein Spiel Friesematenten ans Herz gelegt.

Leider bin ich damals nie dazu gekommen, es mir tatsächlich zuzulegen - und das Spiel war so stark Deutsch entworfen, dass es für meinen damaligen Leserkreis auch nicht so geeignet erschien. Außerdem hatte es damals einen Mechanismus, der mich abschreckte: es war grenzwertig Sammelkartenspiel. Man sammelte zwar nicht Decks, um mit ihnen gegen selbst gesammelte Decks anderer Spieler zu bestehen, wie bei Magic, sondernman sammelte Das Spiel und Erweiterungen, die zufällig zusammengestellt wurden.

Davon ist die neue Ausgabe, die jetzt bei Amigo erschienen ist, weit entfernt. Die Dose (die auch deutlich kleiner ist als damals - damals musste man ja auch Platz lassen für die Erweiterungen, die gekauft werden sollten) passt in jede Hosentasche: es ist das gleiche Format, dass auch Amigo-Klassiker wie 6 nimmt!, Fluxx oder Wizard haben. In der Schachtel findet man:
  • 60 Spielkarten: 19 rote Fabriken, 13 gelbe Statussymbole, 8 blaue Einflusskarten und 20 grüne Aktionskarten
  • 1 Bündel Geldscheine
  • eine Spielregel
  • einen Startspielerstein

Die Karten haben normale Qualität, die Geldscheine fühlen sich (wie leider bei Spielen übliche) sehr 'zerbrechlich' an. Der Startspielerstein ist eine einfache Holzscheibe ind Friedemann-typischem Grün, schlicht und macht nicht viel her, erfüllt ihren Zweck aber voll und ganz. Die Spielregel, die man auch hier (PDF) downloaden kann, hat das für Amigo-Kartenspiele typischen längliche Format.

Die Illustrationen der Karten sind richtig schön. Fréderic Bertrand hat schöne Karikaturen gezeichnet, die den Karten den richtigen Pep geben. Ohne die Illustrationen wäre es ein einfaches Aufbauspiel, aber durch sie gewinnt das Spiel eine satirische Note, die auch das originale Friesematenten damals hatte, und die ihm auch ganz gut zu Gesicht steht.

Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler 60 Euro, pro Spieler werden von den Karten 15 zufällig ausgewählte in das Spieldeck genommen (darum kann man auch nur mit maximal 4 Spielern spielen). Von dem gut gemischten Spieldeck werden (Anzahl der Spieler plus 3) Karten offen als Angebot für die Runde (als 'Börse') ausgelegt.

Nun kann man, wenn man hat, Aktions- und Einflusskarten verwenden um sich selbst das Leben leichter oder den lieben Mitspielern selbiges schwerer zu machen - zum Beispiel, indem man für jede Fabrik eine Steuer von 5 Euro erhebt, oder eine Fabrik eine Runde den dreeifachen Wert produzieren lässt bevor sie gänzlich 'ausgelutscht' abgerissen wird...

Jetzt folgen die Auktionen auf die ´Karten in der Börse. Auf jeder Spielkarte steht ein Mindestwert, eine Illustration, ein name, sowie ggfs. weitere für das Spiel wichtige Regeln. In Reihenfolge der Auslage werden die Karten versteigert, wobei der angegebene Mindestwert nicht unterschritten werden darf. Wer die Karte ersteigert, erhält sie und legt sie offen vor sich aus. Die anderen wissen also immer, was man besitzt und welche Möglichkeiten man damit hat.

Sollte eine Karte keinen Abnehmer finden, wird sie in der folgenden Runde noch einmal angeboten, bevor sie auf den Ablagestapel verschwindet. Dieser wird, wenn das Spieldeck durchgespielt ist, einmal gemischt und umgedrecht als neuer Nachziehstapel abgelegt. Sollte es noch einmal durchlaufen werden, ohne dass jemand den Sieg eingefahren hat, endet das Spiel nach der Versteigerungsphase.

Zuguterletzt produzieren die Fabriken, was sich beim Besitzer in Form von knisternden Scheinchen statt klingender Münze auswirkt. Das Geld braucht man dann in der nächsten Runde wieder, um Karten zu ersteigern, und so weiter.

Das Spiel endet, wenn nach der Auktionsphase jemand 40 oder mehr Siegpunkte gesammelt hat, oder nach der Auktionsphase, nachdem der Nachziehstapel das zweite Mal durchlaufen wurde. (Es sei denn, jmand hat die Karte 'bin noch nicht fertig' ersteigert, wodurch das Spiel in eine Extrarunde gehen kann).

Sieger ist natürlich, wer die meisten Siegpunkte hat, bei Gleichstand, wer das meiste Geld hat.

Die Regeln sind einfach, die Umsetzung auch, aber die vernünftige Anwendung... Lohnt es, auf Firma A zu bieten, wenn später in der Börse noch Fabrik B angeboten wird, und die eben mehr Geld und was soinst noch bietet? Oder nehme ich A, weil sich um B die anderen Mitspieler kloppen werden, und ich B dann doch nicht erhalten würde? Oder lohnt es, stattdessen zu versuchen, Ereigniskarte C zu ersteigern? Sowohl die Effekte, Einkommen und Siegpunkte der Karten muss man im Auge behalten, aber auch die Position der Karten in der Börse, und die Frage, ob die Mitspieler noch genug Geld haben werden, um mir den Ankauf unmöglich zu machen. Dadurch, dass alles (außer den Geldbeständen) allzeit für alle offen sichtbar ist, ist eine gute Planung unverzichtbar, und man muss auch ständig ein Auge darauf halten, was die lieben Mitspieler einem so an Sand ins Getriebe streuen können. Die Spieldauer von angegebenen 45 Minuten (in der Praxis spielte es sich eher bei 30-35 ein) ist auch so kurz, dass man unmittelbar noch eine Revanche (oder zwei) haben will.

Dem Stil des alten Sammelspiels folgend (aber eben ohne den Glücksfaktor) soll noch im Frühjahr 2011 ein erster Erweiterungsset erscheinen. Man darf sich darauf freuen.

Angesichts des niedrigen Preises ist das wirklich ein Spiel für jedermann - sowohl Gelegenheitsspieler als auch Vielspieler werden an dem Spiel ihre Freude haben, und bei dem Preis kann man es auch ohne weiteres der halben Verwandtschaft unter den Weihnachtsbaum (oder ins Osternest, das Geburtstagspaket oder was auch immer) legen. Solange es nur keine verknöcherten Nichtspieler sind...


HerstellerAmigo Spiele

Autor

Friedemann Friese

Spieler

2-4

Denken

9

Glück

3

Geschicklichkeit

n/a

Preis ca.
6,99 €
Hier klicken um mehr zu lesen...

Freitag, 10. Dezember 2010

Kalt erwischt

Hellfrost

Kalt erwischt ist nicht nur der Titel eines Abenteuers für Cthulhu Now!, das ich häufig auf Cons geleitet habe, "kalt erwischt" könnte auch das Motto sein, unter das das Kampagnensetting für Savage Worlds, Hellfrost, gestellt wurde. Dieses Settingb stammt nicht von Pinnacle, dem Herausgeber von Savage Worlds, selbst sondern von dem Englischen Herausgeber Triple Ace Games. Der hat allerdings sehr gute Beziehungen zu Pinnacle.

Das Hellfrost Spielerhandbuch hat nicht das von anderen Savage Worlds bekannte 'Kleinformat', sondern das bei Rollenspielmaterial üblichere DIN-A4-Format. Hiermit soll schon von außen deutlich werden, dass es (anders als beispielsweise Sundered Skies) keine komplette Kampagne darstellt, sondern eben nur ein Spielerhandbuch. Grundsätzlich eine nette Idee, ich sehe nur ein Problem: wer ein großer Rollenspielsammler ist, wird dann entweder die Savage-Worlds-Bücher über mehrere Regale aufteilen müssen, oder große 'Luftlöcher' in seinen Regalen über den Komplettbänden in Kauf nehmen müssen.

Das Buch fühlt sich ganz gut an, und ist mit ca. 150 Seiten auch nicht zu dick. Das Papier ist angenehm stabil, aber nicht zu dick, der Einband fühlt sich nicht so schrecklich glatt an wie er aussieht, sondern liegt gut in der Hand. Allerdings wäre ein Lesebändchen nützlich gewesen. Schön: das Buch ist komplett farbig gedruckt - noch immer keine Selbstverständlichkeit für Rollenspielmaterial.

Worum geht es bei Hellfrost? Zunächst einmal ist es ein Setting, kein komplettes System. Das heisst: wer nicht Savage Worlds besitzt, wird mit den Spielmechanismen wenig anfangen können. Wer aber die Gentleman's Edition besitzt, wird hier alles weitere finden, um im Hellfrost-Setting zu spielen.

Das Setting ist teilweise nachgerade klassisch, und gleichzeitig durch dieselben Punkte ungewöhnlich. Die Welt fühlt sich an wie aus der Edda oder einer anderen Nordischen Sage entsprungen. Das betrifft nicht nur die Namen und weltspezifischen Begriffe, sondern auch den Hintergrund.

Man nehme als Basis eine nur leicht nordisch/wikingerisch angehauchte Standard-Fantasywelt. Der verpasse man fünfhundert Jahre in der Vergangenheit eine große Katastrophe: den 'Schneesturmkrieg', in dem Frostriesen, Eisteufel, Weltfrostdrachen und ähnliches Kaltkroppzeug die Welt von Norden her kommend angegriffen haben. Am Ende des Krieges hat sich der Weltfrost im Norden festgesetzt, und breitet sich jetzt langsam weiter südwärts aus, immer weiter in die 'zivilisierten Lande' hinein. Die Winter werden stetig kälter und kälter, die Sommer kühler und kürzer. Keine nette Welt zum Leben.

Hinzu kommt dann noch, dass in den letzten Jahren das Zaubern selber gefährlicher geworden ist. Die Magie hat Aussetzer, Ladehemmungen und Fehlzündungen. Außerdem kann es passieren, dass ein Zauberer seiner magischen Macht gänzlich (und endgültig!) verlustig geht.

Das ist die Welt von Rassilon. Der Name klingt bekannt? Ich habe jedenfalls zwinkern müssen, als ich den Namen das erste Mal las: Rassilon ist im Whoniverse (der Welt von Doctor Who) ein legendärer Wissenschaftler, der mit schwarzen Löchern, TARDISen und anderen supermächtigen Gegenständen arbeitete - und ja, er war ein Time Lord. Die Namensgleichheit würde ich bei einem rein deutschen Rollenspiel evtl. noch als Zufall abtun und nicht darüber schreiben - aber Paul "Wiggy" Wade-Williams ist Engländer, und seine Rollenspielerinnerungen gehen laut diesem Interview noch in die Zeit zurück, als der siebte Doctor auf dem Bildschirm u.a. im 'Größten Zirkus aller Zeiten' zu sehen war. Es ist daher unwahrscheinlich, dass er den Namen nicht kannte.

Das Handbuch enthält alles, was man als Spieler benötigt. Es beginnt mit einem kurzen Kapitel (3 Seiten) über die Welt und ihre Geschichte. Anschließend kommt die Charaktererschaffung.

Es gibt sechs Rassen auf Rassilon. In der Reihenfolge des Spielerhandbuches beginnt es mit den Engro, die an Halblinge erinnern, sowohl äußerlich als in ihrer Persönlichkeit. Ein "Frostblut" (die zweite Rasse) ist von Geburt an an die neue, kalte Welt angepasst. Insofern ähneln sie den Glühblütern von Sundered Skies. Frostzwerge sind die Zwerge dieser Welt. Herdelfen sind mehr oder weniger Standard-Elfen, Menschen gibt es in mehreren Ausprägungen, die aber alle ohne weiteres in Nordmannssagen vorkommen könnten. Zuguterletzt gibt es noch die nomadischeren Taigaelfen, die langsam die Herdelfen verdrängen, weil sie besser (wenn auch immer noch nicht gut) an die Kälte angepasst sind.

Ins Erschaffungskapitel gehören auch die neuen Talente und Handicaps, sowie eine Übersicht, welche Fertigkeiten, Talente und Handicaps aus den Standardregeln gelten. Auffällig war hier, dass es eine ganze Reihe von Talenten (bei DSA würde man von Sonderfertigkeiten, bei D&D von Feats / Powers sprechen) gibt, die speziell auf Massenschlachten ausgerichtet sind. Hiermit scheint mir das Hellfrost-Setting von den modernen Rollenspiel-Settings eines der am stärksten auf Massenkämpfe ausgerichtete Settings/Systeme zu sein.

Das nächste Kapitel, das keine großen Überraschungen bereithält, betrifft die Ausrüstung. Es gibt allerdings ein paar nette Ausrüstungsteile, wie zum Beispiel Kaltfeuer (das zwar Metall schmilzt, aber der Umgebung Wärme entzieht), Schwarzes Eis (das als Waffe und Rüstung verwendet werden kann und mit Kaltfeuer bearbeitet werden muss, aber bei höheren Temperaturen schmilzt) und ähnliche Sachen, die für das Setting typisch sind.

Unglücklich gewählt fand ich den Namen 'Heckenmagie' für das folgende Kapitel. Es geht hierbei um Kräuter und Tinkturen, die man kaufen oder selber herstellen kann, auch ohne einen magischen oder arkanen Hintergrund. Auch sind die Tränke nicht als magisch zu entdecken, und auch Antimagie trifft sie nicht. Mit anderen Worten: es ist eher 'profane Alchimie und Arzneikunde'.

Das folgende Kapitel behandelt die Magie - Regeländerungen und magische Gegenstände. Hier gibt es anstelle der Punkte des 'normalen' Savage-Worlds-Systems den Effekt des 'Sogs', der die Magier bedroht. Wer mit seinem Zauberwurf eine 1 würfelt, erleidet die Auswirkungen, die (in besnders glücklichen Fällen) von einer kurzfristigen Erhöhung der magischen Kraft über (meist) zeitweise Verringerung selbiger bis hin zu permanenten Schäden führen kann. Wem die magische Fertigkeit hierbei auf 0 gedrückt wird, verliert sogar alle Zauberfähigkeit - permanent! Das ganze erinnert an die Rückschläge von Deadlands. Magische Gegenstände können nur als 'x Anwendungen' hergestellt werden (und nicht wieder aufgeladen), die seltenen 'permanenten' magischen Gegenstände sind alle Überbleibsel einer lange vergangenen Zeit, die Kenntnis der Herstellung ist verschollen.

Religion ist das folgende große Kapitel. Die Götterwelt ist voll mit 'zig Göttern, hat aber einen eindeutig nordischen Einschlag. Man findet manche Asen auch nahezu unverändert wieder. Die Götterliste ist mit 20 Seiten allerdings ziemlich lang, und viele Götter haben daher nur sehr beschränkte Portfolios.

Im folgenden Kapitel werden dann die Zaubersprüche beschrieben, die man zwei Kapitel vorher bereits erwartet hätte. Es wäre vielleicht ein wenig übersichtlicher gewesen, wenn man das Kapitel mit den zauberstprüchen und das über die Götter ausgetauscht hätte.

Im folgenden Kapitel mit dem Namen 'Ehre' geht es nicht nur um selbige - auch wenn sie einen wichtigen Bestandteil des Lebens auf Rassilon ausmacht - sondern auch um das normale Leben und Reisen. Auf wenigen Seiten wird hier dennoch alles für Abenteurer Wichtige und Wissenswerte zusammengefasst.

Anschließend werden auf 8 Seiten die wichtigsten Organisationen vorgestellt: Diebesgilden, Rabenritter, Reliquiare (Sammler magischer Gegenstände aus alter Zeit), Wegeshüter (die das Reisen sicherer machen sollen) und so weiter.

Abgeschlossen wird das mit einigen allgemeinen Regeln zum Setting: Temperaturen (Kälte ist hier wichtiger als in den meisten anderen Savage-Worlds-Settings, Göttliche Hilfe kann wichtig sein, Wergeld wird angesprochen etc.

Hiernach findet man noch leere Charakterbögen zum Kopieren (was in einem Hardcover naturgemäß problematisch ist), sowie einen Index. Wenn man allerdings in diesem etwas sucht, kann es gut sein, dass man ... nichts findet: er ist sehr kurz, und manche Begriffe werden hier geflissentlich ignoriert.

Das Lektorat war weitgehend OK, aber an manchen Stellen doch auffällig. An einzelnen Stellen fiel mir ein den Lesefluss störendes Deppenleerzeichen auf, und ein-, zweimal stolperte ich über Sätze, bei denen ein Wort so fehlte, dass man es nicht unbewusst ergänzte. Alles in allem ist es aber ganz gut zu lesen.

Die Welt hat natürlich eine Mege Geheimnisse. Wo kommt der Weltfrost her, kann man ihn stoppen? Wer ist für den Sog verantwortlich? Und so weiter. Wer jetzt denkt, das könne der Spielleiter dann im Spielleiterhandbuch nachlesen, wird enttäuscht: bis heute gibt es auch von Triple Ace nur einige Abenteuer, Regionenbände und einen Kreaturenband, aber keinen Spielleiterband, der derartige zentrale Fragen näher beleuchtet. Mit dem bereits vorhandenen Material lässt sich aber ohne weiteres eine Kampagne am Rande des Eises führen.

Für Liebhaber der Wikingersagen, der Nordischen und Lappischen Sagenwelt (und vielleicht auch der einen oder anderen Erzählung der Inuit) ist dieser Band auf jeden Fall ein Anrater, aber auch für Leute, die sich mit dem Thema auseinandersetzen wollen, oder die einfach 'mal eine 'etwas andere' Fantasy-Welt suchen, die gleichzeitigt einen gewissen prä- bzw. post-apokalyptischen Hauch bietet.

HerstellerPrometheus Games
AutorPaul "Wiggy" Wade-Williams
Spieler RPG
Denken RPG
Glück RPG
Geschicklichkeit RPG
Preis € 34,95 (Buchpreisbindung)
Hier klicken um mehr zu lesen...

Mittwoch, 1. Dezember 2010

AAARRRRRR! AAARRRRRR! AAARRRRRR!

Pirate versus Pirate

Der Amerikanische Verlag Out Of The Box Games hat immer wieder kleine aber feine Spiele im Angebot. Seit drei Jahren ist er auch regelmäßig auf den internationalen Spieltagen vertreten, nachdem er vor vielen Jahren bereits einmal dort war, und dann einige Jahre nur durch Pegasus vertreten wurde. Voriges Jahr präsentierte er vor allem drei schnelle Kartenspiele, in 2008 unter anderem ein schnelles Spiel mit dem Namen Ninja v/s Ninja.

Da aber die Diskussionen nicht aufhören, ob Ninjas oder Piraten cooler sind (böse Zungen nennen das auch die 'Naruto gegen One Piece'-Diskussion...), hat Out Of The Box wohl dieses Jahr das Gegenstück herausgebracht, unter dem nicht ganz überreaschenden namen Pirate versus Pirate.


Die Piraten findet man in einer Schachtel, die der der Ninjas sehr ähnelt, was Größe, Farbe und Gestaltung angeht. Allerdings sind hier natürlich keine Ninja auf dem Cover, sondern waschechte, ungewaschene Piraten. In der Schachtel findet man dann:
  • ein Spielbrett
  • ein Blatt mit Regeln
  • zwei vierseitige Würfel
  • eine Goldmünze
  • drei Silbermünzen
  • 18 Piratenfiguren in drei Farben: je sechs in rot, grün und blau

Die Figuren sind, wie schon bei den Ninjas, von Mitverlagseigentümer John Kovalic gestaltet worden und bestehen aus griffigem Plastik. Allerdings sind sie auch besonders gut verpackt: in je einem größeren Plastikbeutel stecken sechs kleinere PLastikbeutel mit je einer Figur in einer Farbe, die man erst einzeln auspacken muss. Einen Sinn, die Figuren so doppelt zu verpacken, kann ich leider nicht entdecken - Einzelbeutel für jede Farbe hätten es m.E. auch getan.

Die Würfel sehen ähnlich aus wie die, die bei Ninja v/s Ninja dabei waren, allerdings werden die quadratischen Säulen hier natürlich nicht von Katanas längs durchbohrt, sondern von Knochen, so dass auch sie immer auf eine der vier Seiten fallen.

Die Münzen sind ebenfalls nett gemacht. Auf dem Avers sieht man einen Piratenkopf, mit der Umschrift 'IN AAARRRRRR WE TRUST' und der Jahreszahl 1699, auf dem Revers das Logo von Out Of The Box, die Umschrift 'AAARRRRRR PLURIBUS UNUM' und ebenfalls die Jahreszahl 1699 - wobei Avers und Revers natürlich auch genau andersherum gesehen werden können, da es keine Wertangabe (Revers) gibt und sowohl der Kopf als auch das Wappen (Logo) die 'Vorderseite' darstellen kann. Die Münzen sind ziemlich leicht und können schon einmal auf dem Spielfeld verrutschen, aber sie rutschen nicht so schlimm wie man befürchten könnte.

Wie man schon an den Figuren erkennen kann, ist Pirate v/s. Pirate ein Dreipersonenspiel, drei Piratentrupps stehen sich gegenüber und wollen von der Insel in der Mitte des Spielfeldes die Schätze (Münzen) holen.

Um das zu tun, würfelt man mit beiden Würfeln, zieht mit einer Figur genau so viele Felder weit wie Augen gewürfelt wurden, und versucht Münzen zu erobern oder andere Piraten zu schlagen. Dabei darf man nicht über besetzte Felder springen, egal ob es sich um eigene oder fremde Piraten handelt, und auch nicht ein Feld mehrfach betreten (beispielsweise um mit einer 'Ehrenrunde' überschüssige Punkte abzubauen).

Wer bei seinem Zug ein Feld betritt oder durchquert, auf dem eine Münze liegt, nimmt diese dabei auf (und zieht weiter). 'Ablegen' kann man eine ungewünschtge Münze nur, indem man sie bei Zugbeginn liegen lässt, aber nicht später während des Zuges. Da alle drei Zugänge zur Goldmünze durch eine Silbermünze bedeckt sind, ist die Goldmünze also erst erreichbar, wenn wenigstens eine Silbermünze bewogen wurde.

Wenn man mit einem Piraten, der keine Münze trägt, seinen Zug auf einem Feld beendet, auf dem ein feindlicher Pirat steht, wird dieser geschlagen (und kehrt auch nicht wieder zurück). Sollte der geschlagene Pirat eine Münze tragen, geht diese in den Besitz des schlagenden Piraten über. Achja: wenn man zu Zugbeginn eine Münze zurücklässt, darf man mit dem Piraten dennoch nicht in diesem Zug einen anderen Piraten schlagen.

Ziel ist es, die Münzen zum eigenen Schiff zu bringen - es gibt hier ausgewiesene Felder, wo die Silbermünzen bzw. die Goldmünze abgegeben werden können. Auch hier muss der Pirat den Zug auf dem Feld beenden, 'mitten im Zug Abgeben' ist nicht zulässig.

Wer auf diesem Weg zwei der drei Silbermünzen, oder die Goldmünze abgegeben hat, gewinnt - oder wer alle gegnerischen Piraten eliminiert, denn dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Goldmünze eingebracht wurde.

Nicht nur was die Würfel angeht, ähnelt Pirate v/s. Pirate dem Ninja-Spiel. Auch hier ist der Glücksfaktor hoch, aber nicht ausschließlich spielbestimmend. Dadurch, dass ein Pirat mit Münze ein natürliches Ziel für die anderen darstellt, sich selber aber nicht wehren kann, muss man schon gut nachdenken, ob und wann man es riskieren kann (und will) eine Münze aufzuheben. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung bei zwei vierseitigen Würfeln sollte man schon ein wenig berücksichtigen, weil es eben wahrscheinlicher ist, dass der Gegener eine fünf würfelt als beispielsweise eine zwei (4:1). Durch die drei möglichen Ziele kann es auch passieren, dass ein Spieler mit einem Ziel beschäftigt ist und gar nicht sieht, dass ein anderer mit einem anderen Ziel ebenfalls dicht vor dem Erfolg steht. Und Kooperation ist nicht nur, weil es sich um Pirazen handelt, eher selten und auch dann nur kurzfristig - die Verlockung ist immer sehr groß, und das Risiko eher klein, wenn man sich die Siuationen gut durchdenkt.

Auh wenn es ungewöhnlich ist: Pirate v/s Pirate funktioniert auch mit zwei Spielern ohne große Einschränkungen. Das Fehlen der dritten Partei stört überhaupt nicht...

Was ist cooler, Piraten oder Ninjas? Auch mit diesem Spiel kann ich es nicht sagen, beide Spiele sind für Gelegenheitsspieler und Spieler, die sich von einer gehörigen Portion Würfelglück nicht abschrecken lassen, sehr gut geeignet.

Und wer hier laut schreit: 'Piraten und Ninjas sind lahm. Roboter sind viel cooler' darf sich freuen: Out Of The Box hat ein drittes Spiel in der Reihe angekündigt: Robot v/s. Robot soll noch kommen - und dann für vier Personen geeignet sein.

HerstellerOut of the Box Games
Autor
Max Winter Osterhaus
Spieler
2-3
Denken
6
Glück
7
Geschicklichkeit
n/a
Preis ca.
19,98 €
Hier klicken um mehr zu lesen...