x Roachware: November 2010

Mittwoch, 24. November 2010

Überleben im Gaslicht

Master's Survival Pack VII - Grundrisse für Gaslight

Die Redaktion Phantastik ist ein Kleinverlag, die als GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) für das Rollenspiel Private Eye verantwortlich ist. Neben diesem Rollenspiel veröffentlichen Ulrike Pelchen und Sylvia Schlüter aber auch die "Master's Survival Packs", das sind nach Wahl Druckerzeugnisse in Ringbindung oder CDs mit Grundrissen, Bodenplänen für Miniaturen, Abenteuerideen etc., die sich themenbezogen direkt an die Spielleiter richten.

Inzwischen ist der 7. Band hiervon erschienen. Nach u.a. Bänden für Raumstationen oder Schiffe erschien mit dem 7. Band (der auf der Homepage der Redaktion Phantastik nur auf der Startseite zu finden ist, aber nicht in der Übersicht über die Master Packs) ein Band für die "Gaslicht"-Epoche. Gaslicht bezeichnet die spätviktorianische Zeit, das ist grob gesprochen die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts. Eben die Zeit, in der die Straßen und Häuser vor allem mit Gaslaternen beleuchtet wurden.

Mir liegen hier beide Versionen vor, sowohl die digitale als auch die 'Totbaumversion'. Die Papierversion zeichnet sich eben durch die Ringbindung aus (eine langer, schwarzer Platikstreifen mit Ringen, in denen die Blätter des Heftes eingelegt sind). Neben den Deckblättern, die in etwas dickerem Karton ausgeführt sind als das eigentliche Werk, wird das ganze noch bedeckt von einer Platikfolie, die das Titelblatt schützt - und ziemlich leicht eine elektrische Ladung aufnimmt, wie ich feststellen musste. Allerdings bleibt dann auch nur das Titelblatt dahinter kleben, was wiederum nicht schlimm ist, sondern eher sogar das Titelblatt schützt. Die Druckqualität ist gut, auffällig ist, dass die Seiten mit Text doppelseitig bedruckt wurden, während die Grundrissseiten nur einseitig bedruckt sind. Leider lassen die Seiten sich durch die Ringbindung nicht komplett umklappen, sonst könnte man die Karten direkt als Spielgrundlage verwenden.

In der CD-Version ist das Heft nicht als durchgehende PDF-Datei zu finden, sondern in insgesamt 46 Dateien, von denen 13 PDFs sind, während der Rest als TIFF-Dateien daher kommt. Diese TIFF-Dateien sind jeweils ca. 8 MB groß und beinhalten je eine DIN-A4-Seite in Druckqualität (300 dpi), die PDF-Dateien reichen in der Größe von 331 kB bis über 6 MB bzw. eine bis vier Seiten. Der Inhalt der beiden Produkte ist nahezu identisch - nur das Titelblatt der Druckversion fehlt auf der CD.

Die Karten sind gut gezeichnet und sehen stimmig aus. Chris Schlicht hat auch an die gerne vergessenen Details gedacht - zum Beispiel findet man auch die nötigen Lagerräume, Toiletten, Badezimmer etc. Insgesamt sieben Lokalitäten findet man, vom Landschloss für den Adligen über den Bahnhof bis hin zu einer Ziegelei und dem Hinterhaus für den Schneider. Man kann in alle Gebäude eine persönliche Note einbringen, ohne die Pläne allzu sehr bearbeiten zu müssen: manche Räume, die für mehrere Zwecke geeignet sind, werden nur mit möglichen Verwendungszwecken angegeben, aber nicht ausdrücklich (gezeichnet) ausgearbeitet. Dennoch wird man, wenn man sie als Handouts verwenden will, diese noch bearbeiten müssen.

Zu jedem der vorgestellten Orte gibt es dann auch ein Abenteuer. Im 'Fingerzeig des Bösen' macht ein Serienmörder London unsicher, ganz im Sinne des Sherlock-Holmes-Films The Woman in Green mit Basil Rathbone - Hauptort ist eine Stadtvilla. In 'Nach Strich und Faden' geht es um einen (Selbst-)Mord in einer Schneiderei. 'Mit Argus Augen' erzählt einen realen Kriminalfall der Jahre 190x in Leipzig nach, in dem ein Raubmörder seine Gewschichten an einen Verleger verkaufen will (mit einer Karte eines Hinterhauses). 'In bester Absicht' entspinnt sich ein Verwirrspiel um einen Toten in einem Stadthaus. Der 'Tatort Bahnhof' dreht sich nicht nur um einen solchen, sondern bietet auch in bester Arthur-Hailey-Manier gleich mehrere kleine Fälle, die ineinander verwoben werden (können). Die Antwort auf 'Wo ist die Beute' ist nicht leicht zu finden - ein vor mehreren Jahren verurteilter Verbrecher hat bis heute seine Beute nicht preisgegeben, und die Detektive sollen sie endlich finden. Hat die als Grundriss vorliegende Ziegelei etwas damit zu tun? Und zuguterletzt könnten, wenn die Detektive nicht sehr besonnen, schnell und richtig reagieren, die meisten Protagonisten des letzten Abenteuers tatsächlich wie der Titel andeutet 'Im Tode vereint' aus dem Landschloss des letzten Gebäudeplans herausgetragen werden.

Sieben Abenteuer auf 24 Seiten (der Rest sind Grundrisse, Vorwort etc.) - da ist es nicht zu vermeiden, dass die Abenteuer eher spartanisch angeboten werden. Dennoch sind sie angenehm vollständig: am ehesten fehlen dem ungeübten Spielleiter wohl die Beschreibungen der Persönlichkeiten, die über 'ist eifersüchtig und hat X daher umgebracht' hinausgehen. Mit Leben muss man die Personen und Räume noch erfüllen, aber Geschichten sind bereits abgezeichnet und einsatzfertig. Vor allem bieten sie auch die überraschenden Wendungen, die man vom Detektivgenre erwartet, sind aber andererseits auch nie unfair den Detektivven gegenüber. Am ehesten werden sie im letzten Abenteuer mit den falschen Beschuldigten enden und das Gefühl haben, eigentlich alles richtig gemacht zu haben - aber dann haben sie auch nur einen Schritt zu kurz gedacht.

Da diese Abenteuer speziell auch für Detektiv-Rollenspiele im Stile von 'Private Eye' gedacht sind, zeichnen sie sich dadurch aus, dass keine echten übernatürlichen Geschehnisse sie verkomplizieren. Es wird zwar auf den Spiritismus eingegangen, der gerade in der Gaslicht-Ära die gute Gesellschaft beeinflusste, aber wirkliche Zauberei, Geister oder Goblins wird man hier nicht finden. Dennoch könnten alle Abenteuer natürlich auch ohne weiteres in eine steampunkigere, magischere oder auch technischere Welt übertragen werden, ohne allzu viel Schwierigkeiten zu bereiten.

Wer als Spielleiter keine Probleme damit hat, verschiedene Charaktere darzustellen, auch ohne ausführliche, seitenlange Anleitungen wie sie sich unter bestimmten Umständen verhalten würden: hier ist hervorragendes Material, um auch 'schnell mal eben' eine kurzfristig angesetzte Runde ze bespaßen. Und die Grundrisse lassen sich auch für 'zig andere Zwecke verwenden.

Die einzige Sache, die ich mir vielleicht noch gewünscht hätte, wäre eine bessere Möglichkeit, die Grundrisse selber zu bearbeiten (zumiondes in der CD-Version). So schön sie sind - TIFF-Dateien mit einer Bildbearbeitung zu ebarbeiten ist immer ein wenig umständlich, vor allem, wenn mehrere Objekte einander teilweise verdecken. Vielleicht kommen ja irgendwann einmal zusätzlich Dateien mit Lagen oder - Luxus pur! - Dateien für den Campaign Cartographer hinzu?

HerstellerRedaktion Phantastik
Autor Chris Schlicht
Spieler RPG
Denken RPG
Glück RPG
Geschicklichkeit RPG
Preis € 11,-
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Montag, 22. November 2010

Schnellspritzer

Rorschach

Bucephalus ist ein Amerikanischer Spieleproduzent, der seit 2008 im Markt ist. Auffällig wurde Bucephalus gleich zum Start, als der Verlag mutig gleich 38 Spiele auf einmal präsentierte. Zumindest seit 2009 steht Bucephalus auch auf den Internationalen Spieltagen.

Das Programm von Bucephalus ist ziemlich weit gefächert. Schnelle, leichte Spiele sind hier genauso zu finden wie Spiele, die auch gut als "Eurogame" durchgehen würden. Und natürlich auch Partyspiele. Bucephalus verwendet hierfür bei Rorschach Tintenflecke, die an die des berühmt-berüchtigten Rorschach-Tests erinnern. Allerdings sind hier alle Tafeln zweifarbig scharz-weiß, während die Originalkarten farbig sind. Auch wenn auf Wikipedia (siehe voriger Link) der Satz mit den zehn Originalkarten von Hermann Rorschach abgebildet werden: eigentlich sehen Psychoanalytiker es gar nicht gerne, wenn die 'echten' Tintenflecke publiziert werden, weil so die Testresultate verfälscht würden - deshalb wird man auch in den 'Testknack-Büchern' oftmals irreführende Bilder sehen, und auch Bucephalus durfte natürlich nicht die Originalbilder (aus keiner der mittlerweile mehreren Reihen) verwenden.

Die Schachtel ist klein, aber ziemlich voll. Es gibt kaum noch Luft darin, denn man findet hier:

  • 50 Karten, die doppelseitig mit Rorschach-artigen Tintenflecken bedeckt sind
  • 50 Karten mit Fragen
  • acht achtseitige Würfel in verschiedenen Farben
  • 64 Wertungschips in den Würfelfarben
  • sieben hölzerne Zahlenchips mit den Zahlen eins bis sieben
  • eine Spielregel

Die Würfel sind das, was ein Rollenspieler als 'solids' bezeichnen würde: Plastikwürfel in einer Farbe mit bzw. schwarzen Ziffern. Die Wertungschips sind ebenfalls aus Plastik. Die Karten wirken sehr solide, auch wenn man nach dem ersten Auspacken erst einmal die Karten durchblättern sollte, um sie wirklich voneinander zu trennen: sie kleben stark an den Rändern zusammen. Ansonsten sind sie entweder sehr gut laminiert oder bestehen gar aus Plastik - eine entsprechende Frage beantwortete Bucephalus nicht kurzfristig.

Man legt zunächst einmal (Anzahl der Spieler minus 1) Karten mit Tintenflecken aus, zu jeder Karte kommt ein Zahlenchip. Anschließend wird aus den gemischten Fragekarten eine Frage gestellt ("Was sieht am ehesten so aus, als würde es Dich fressen wollen?" - "Was sieht am zerbrechlichsten aus?" etc.) und jeder Spieler wählt eine Karte aus, die er (verdeckt) mit seinem Würfel angibt. Wenn alle Spieler gewählt haben, wird aufgedeckt. Ziel ist es, so weit wie möglich Übereinstimmungen mit den Mitspielern zu haben: man erhält einen Chip in jeder Farbe eines Mitspielers, mit dem man übereinstimmte. Allerdings nur beim ersten Mal - zusätzliche Übereinstimmungen helfen einem nicht mehr weiter. Wer mit keinem anderen Mitspieler übereinstimmt, erhält einen Chip in der eigenen Farbe. Dann kommt die nächste Frage zu denselben Tintenklecksen.

Wer als erster Chips in allen Farben der Mispieler (und der eigenen) besitzt, hat gewonnen. Wenn dies mehreren Spielern in derselben Runde gelingt, teilen diese sich den Sieg. Das geschieht gar nicht mal selten, schließlich erhält ja der Mitspieler, der zuletzt mit dem Sieger übereingestimmt hat, auch einen Chip in der Farbe des Siegers, was oftmals ebenfalls den Set komplettiert.

Interessant und als Partyspiel geeignet wird das ganze dadurch, dass man nach jeder Fragerunde darüber diskutieren soll (und oftmals auch unvermeidlich damit beginnt) weshalb die einzelnen Mitspieler einen bestimmten Tintenfleck gewählt haben. Der Effekt ist, dass das Spiel sehr kommunikativ wird, und mich deutlich an 'Apples to Apples' bzw. 'Äpfel zu Äpfeln' erinnert, auch wenn der Mechanismus weit entfernt zu sein scheint. Allerdings ist das Gelächter bei den Äpfeln in der Regel doch deutlich größer.

Das Kennenlernen der Mitspieler mit den Tintenflecken ist sehr interessant, und das Spiel hat Potential - wären da nicht zwei kleine Probleme, die aber zumindest teilweise umgangen werden können.

Zum einen kann man ziemlich schnell erraten, was die Mitspieler denken, weil die Tintenflecke immer dieselben sind - der Effekt, vor dem die Psychologen bei den Persönlichkeitstests warnen, ist hier gut nachzuvollziehen. In der Spielregel wird vorgeschlagen, in jeder Runde eine Karte auszutauschen, was die Varaition etwas größer macht. Ich würde sogar empfehlen, noch mehr Karten in jeder Runde zu ersetzen, um die Auswahl größer zu machen.

Zum zweiten ist das Spiel meist sehr schnell vorbei. Das Spiel dauert minimal nur zwei Runden - eine, um den eigenen Chip zu gewinnen, und eine, in der alle Spieler dasselbe Bild wählen. Meist geschieht das wzwar nicht, aber drie bis fünf Runden sind eine normale Spieldauer. Das Spiel könnte eine längere Spieldauer gut vertragen, weil man so seine Mitspieler dann doch nicht kennen lernt.



Ich bin zugegebenermaßen kein großer Fan von Partyspielen, aber ich muss zugeben - wenn man von den genannten zwei Schwachstellen absieht, hat das Spiel Potential. Mit entsprechenden Hausregeln und evtl. zusätzlichen Chips für mehr Mitspieler könnte das Spiel sich als guter Eisbrecher bei mittelgroßen Parties erweisen.

Produzent Bucephalus Games
Autor Jeremy Holcomb; Joseph Huber (II); Stephen McLaughlin; Dan Tibbles
Spieler 3-8
Denken 7
Glück 4
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 15,99 €
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Freitag, 19. November 2010

Schildkröten können fliegen

Anno Domini "Im Osten"

Es war einmal – so heißt zwar auch ein Spiel, aber um das geht es gerade nicht. Dennoch ist dieser Satz bei "Anno Domini" nicht fehl am Platze, denn es geht um Ereignisse, die "einmal waren" - das kann letztes Jahr gewesen sein, aber auch schon mehrere tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung.

Wer die Spieleserie "Anno Domini" nicht kennt, dem sei kurz das Spielprinzip erläutert: Die Spieler erhalten Kärtchen, auf denen (meist sehr kuriose) geschichtliche Ereignisse vermerkt sind, allerdings steht die zugehörige Jahreszahl auf der Rückseite – und die wird zunächst nicht aufgedeckt. Wer an der Reihe ist, muß eines "seiner" Ereignisse in die dadurch immer länger werdende Reihe einordnen, und der nächste Spieler muss dann immer entscheiden, ob er diese Reihe so "glaubt", und wieder ein Ereignis dazupackt, oder ob er meint, dass da etwas nicht stimmt – dann werden die Karten umgedreht und kontrolliert. Wenn alles richtig war, bekommt der Zweifler Strafkarten, wenn aber irgendetwas nicht stimmt, gehen diese an den letzten Spieler, auch, wenn der den Fehler gar nicht eingebaut hatte. Er hätte ja selber zweifeln können. Dann wird eine neue Zeitlinie begonnen. Wer zuerst alle seine Karten "loswerden" konnte, hat gewonnen – insofern ist natürlich etwas "kurioses" Geschichtswissen praktisch, aber auch Chuzpe und dreistes Bluffen – wenn man dem Mitspieler überzeugend verkaufen kann, dass das ganz sicher vor- bzw nachher war (und der selber das erst recht nicht weiß), kann man vielleicht auch verhindern, dass ein solch dreister Bluff angezweifelt wird (und vielleicht liegt man ja sogar richtig).


Nun beschäftigt sich jede der bislang 23 (wenn ich richtig gezählt habe) Schachteln mit einem anderen "Oberthema", und dieses ist reichlich weit gefasst – seien es Sex & Crime, Frauen oder Flopps der Weltgeschichte – und hier liegt uns das neueste Set vor, das "im Osten" betitelt ist, und das als Serienzeichen einen kleinen Sumotori in der Ecke hat. Durch diese Symbole lassen sich die Karten leicht voneinander unterscheiden und können nach einem "gemischten" Spiel wieder richtig eingeordnet werden. Ja, ihr habt richtig gelesen, man kann die Sets beliebig mischen, wenn man mehrere vor Ort hat, dann wird das Geschichtschaos noch größer.

Worum also geht es "im Osten"? Nun, um geschichtliche Ereignisse, die – von Mtteleuropa aus gesehen – im Osten geschehen sind, und damit ist sowohl der nahe wie auch der mittlere und ferne Osten gemeint – also definitiv nicht nur etwas für Otakus uns sonstige Japan-Freaks. Und Urs Hostettler hat wieder eine so irre Menge seltsamer, teilweise absurder und dann auch wieder einfach nur kurios umschriebener Ereignisse gefunden, daß einem die Ohren schlackern. Seit wann werden zB in Indien Zebus als Vieh domestiziert? Seit wann bitteschön können Schildkröten fliegen? (das ist kein Scherz, genau dieser Satz stand auf der Karte. Ich habe sie tatsächlich richtig eingeordnet, aber aus einem ganz anderen Grund als dem tatsächlichen: die Karte meint einen gleichnamigen iranischen Film; ich musste an eine entsprechende Manga/Animefigur einer fliegenden Schildkröte denken und habe mir überlegt, wann die wohl auftauchte...), oder wann überschritt die Bevölkerungszahl Bangladeshs die von Russland (ist übrigens noch gar nicht so lange her)? "Schlimmstenfalls" steht auf einer Karte nur ein Wort – z.B. "Tofu" - ja seit wann gibt’s denn sowas? Wer diese Frage zu beantworten weiß, kann es dann ja (hoffentlich) richtig einordnen...

Natürlich haben es Asien-interessierte stellenweise etwas leichter, hier richtig einzuschätzen, aber es ist ein solch buntes Sammelsurium, daß man oft einfach spekulieren muß. Ich kann ja vielleicht behaupten, dass ich mich ganz gut mit Japan auskenne und vielleicht noch mit der Antike im Zweistromland, aber dazwischen hörts irgendwann auf – ergo: dreist sein, und einfach mal behaupten, und hoffen, dass es keiner merkt...

Insgesamt eine gelungene Mischung, und auch wegen der "Mischbarkeit" der Anno-Sets immer wieder anders – also hoher Wiederspielwert. Die Spieldauer ist auch reichlich variabel – wenn einer wirklich oft richtig liegt, kann es schon nach einer halben Stunde durch sein, es kann sich aber auch länger ziehen, wenn sich die Strafkarten bei allen häufen. Und wer weiß was als nächstes für ein Ereignis auftaucht?

Hersteller Fata Morgana i.Z.m. Abacus Spiele
Autor Urs Hostettler
Spieler 2-8
Denken 9
Glück 2
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 11 €

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Donnerstag, 18. November 2010

Letten und Litten

Grenzenlos - Europa und USA

Wer sich in Europa gut auskennt, kann sich manchmal eine Menge Ärger ersparen, und sei es nur, indem er kurze Wege von A nach B geht. Wobei kurze Wege nicht unbedingt immer die Luftlinie darstellen - es kann schneller und einfacher sein, so wenig Grenzen wie möglich zu überschreiten. Aber genau da liegt oftmals das Problem - wie viele Grenzen muss man denn minimal überqueren, um beispielsweise von Malta nach Norwegen zu gelangen?

Genau das ist die Frage bei Grenzenlos, einem Familienspiel der Czech Games Edition. Anders als viele andere Spiele der CGE richtet Grenzenlos sich an den Gelegenheitsspieler: man braucht nicht viel Erfahrung im Spiel, es ist leicht erklärt, und das Material ist nett. Im Original heisst das Spiel übrigens Travel Blog, die Deutsche Ausgabe trägt neben dem CGE-Logo den Bären des Heidelberger Spieleverlages.


In der Schachtel findet man die folgenden Teile:
  • ein Spielbrett
  • zwölf Markierungsscheiben, je zwei in sechs verschiedenen Farben
  • sechs 'Reisepässe' - Karten in den Spielerfarben, mit auf der einen Seite eine Kurzübersicht über die Spielregelnn, auf der anderen eine Wertungstabelle
  • Spielgeld in 90 Mini-Geldschscheinen zu 10, 20, 50 und 100 Euro
  • zwei Landkarten: eine von Europa, eine von den USA
  • vier Glassteine in zwei Farben
  • zwei Sätze "Staatskarten": einer für Europa, einer für die USA (insgesamt 100 Karten)
  • Ein 'Faktenblatt' mit interessanten Trivia zu den Staaten im Spiel
  • die Spielregel, die man auch hier (PDF) downloaden kann

Was die Landkarten angeht: hier gibt es in der Deutschen Ausgabe ein Problem, das hoffentlich in einer zweiten Auflage berichtigt wird - die Europakarte hat die Länder Litauen und Lettland vertauscht. Filip Murmak hat auf Boardgamegeek eine korrigierte Version dieses Kartenausschnitts zur Verfügung gestellt. Laut einer Angabe in der FAQ will der Deutsche Vertrieb (Heidelberger) den Käufern auch eine korrigierte Version zur Verfügung stellen.


Die Spielregel ist ungewöhnlich gestaltet: links stehen die eigentlichen Spielregeln, rechts davon stehen Erklärungen, die die Spielregeln in eine fortlaufende Geschichte einbinden. Kurz beschrieben stellen sie Spieler Reisejournalisten für ein Blog dar, die mit vorgegebenem Budget in verschiedene Länder reisen müssen um dort Berichte für das Blog zu schreiben.

Jeder Spieler beginnt mit 100 Euro. Dann verläuft das Spiel in vier Phasen

Phase 1 (Runden 1 & 2): Auf das Spielfeld werden eine Reihe von Reisezielen ausgelegt, dann legt jeder Spieler so schnell wie möglich eine seiner beiden Markierungsscheiben neben eine der ausliegenden Karten - wer später kommt, legt seine Scheibe auf die bereits liegende. Allerdings ist es besser, schneller zu sein. Ziel ist es, so wenig möglich Grenzen zum Startland hin zu überschreiten - allerdings auch kein Land zu wählen, das direkt an das Startland angrenzt. Man zahlt für jede Grenze, die man überschreiten muss, zehn Euronen zurück an die Bank, plus noch einmal zehn für jede Scheibe, die unter der eigenen liegt. Wer ins direkte Nachbarland fährt, zahlt zusätzlich 30 Euro Strafe. Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, einfach 40 Euro hinzulegen und zu Hause zu bleiben, zum Beispiel, weil sowieso schon überall, wo man eventuell hin will, zu viele andere Scheiben liegen. Vor der 2. Runde erhält man kein neues Geld, man muss also mit den 100 Euro zwei Runden überleben.

Phase 2 (Runden 3 & 4): vor der dritten Runde erhält man 200 Euro zu dem vorhandenen Bestand hinzu. Allerdings muss man jetzt zwei verschiedene Reiseziele wählen, die man vom Startland aus besucht. Auch diesmal gilt wieder, dass man für jeden Grenzübertritt 10 Euro zahlt, sowie wiederum 30 Euro für jedesmal, dass man ein unmittelbares Nachbarland als Ziel wählt (Frankreich - GB - NL kostet also zweimal 30 Euro Strafe) sowie für langsames Wählen.

Phase 3 (Runde 5 & 6): Vor Runde 5 gibt es einen neuen Zuschuss in Höhe von 300 Euro. Genau wie in Phase 2 wählt man mit seinen Scheiben zwei Reiseziele. Der Unterschied: es gibt ein Start- und ein Zielland, wo man entsprechend starten bzw. enden muss.

Phase 4 (7. und letzte Runde): hier gibt es kein Extrageld, auch hier gibt es ein Start-, ein Zielland und zwei, die man selber wählt. Allerdings wählt man dieses Mal so, dass die Strecke so lang möglich wird - die Mitspieler bestimmen die kürzeste Strecke - bzw. wenn zwei Länder eine gemeinsame Grenze haben. gibt es auch 30 Euro Bonus. Nur wer zu langsam ist, den betraft auch her das Spiel: die 10 Euro Strafe pro schnellerem Spieler bleiben erhalten.

Wie zu erwarten, ist der Gewinner der, der am Ende am meisten Geld hat.

Bei dem Spiel hat natürlich der einen Vorteil, der die Karte besser kennt, aber man muss auch schnell sein, damit die anderem einen nicht vor sind und man Strafen für zu langsames Spiel zahlt. Für Vielspieler ist Grenzenlos wohl eher nichts, aber für eine Runde unter Gelegenheitsspielern oder im Familienkreis ist das Spiel schon geeignet. Der Preis und die Spieldauer von ca. 30 Minuten pro Partie unterstreichen das nur. Und einige interessante Überraschungen wird man auch erleben: Georgien - Norwegen ist in nur drei Grenzübertritten möglich, und man vergisst leicht, dass Kroatien und Montenegro eine gemeinsame Grenze haben. Gerade der ehemalige Ostblock ist immer für eine Überraschung gut...

Hersteller Czech Games Edition
Vertrieb Heidelberger Spieleverlag
Autor Vlaada Chvatil
Spieler 2-6
Denken 6
Glück 2
Geschicklichkeit 4
Preis ca. 19,99 €

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Dienstag, 16. November 2010

Mafiöser Dank

Mille Grazie

Ein Transportunternehmer hat es nicht leicht - er muss nicht nur seine Routen so planen, dass er möglichst wenig Zeit verliert und dabei auch die angebotenen Aufträge im Auge behalten, er muss auch noch ständig damit rechnen, dass er von Straßenräubern überfallen wird und Aufträge verliert. Besonders scheint das zuzutreffen, wenn er in Norditalien unterwegs ist. Ein Begleitschutz scheint manchmal lebensnotwendig zu sein - aber auch der schützt nicht vor allem, und macht einen auch noch langsamer.

So stellt sich die Situation im Spiel Mille Grazie von Zoch dar. Der Verlag - der in erster Linie bekannt ist durch hölzernes Spielmaterial wie im Bausack bietet hier ein traditionelles Brettspiel im quadratischen Karton. Man kann sich als kleiner selbständiger Transportunternehmer ... und gleichzeitig als Straßenräuber betätigen.


Die Spieleschachtel enthält die folgenden Teile:

  • ein Spielbrett
  • vier große Spielfiguren und vier kleine Marker in vier Farben
  • 30 Auftragskärtchen im Stanzkarton
  • vier 'Überfallkompasse' (Drehscheiben) in den vier Farben, ebenfalls im Stanzkarton zum Zusammenbauen
  • die Spielregel in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch)

Die Auftragskärtchen sind schön, das Auspöppeln geht leicht - fast schon zu leicht: sie fallen fast schon aus dem Karton, wenn man sie scharf ansieht, so dass man beim Auspöppeln vorsichtig sein muss, damit sie dort landen, wo man sie sammeln will und sie sich nicht wahllos über dem Wohnzimmerboden verteilen. Die Wahlscheiben sind leicht zusammenzusetzen. Das ganze Material passt auch nach dem Auspöppeln und Zusammensetzen gut in die Schachtel, durch die Stabilität der Auftragskärtchen ist auch kein extra Behälter notwendig. Die Spielfiguren und die Markierungssteine bestehen aus Holz, die großen Figuren haben nicht nur verschiedene Farben, sondern auch verschiedene Formen, liegen aber alle angenehm in der Hand. Alles in allem ist das Material von sehr hoher Qualität.

Von den Auftragskärtchen erhält jeder Spieler eines, außerdem werden vier Auftragkärtchen auf dem Spielplan ausgelegt. Ein Auftragskärtchen gibt die Start- und die Zielstadt eines Transportes vor sowie die Siegpunkte, die man bei Ausführung des Auftrages erhält. Die Aufträge werden jeweils in den Startstädten ausgelegt, wo die Spieler sie mitnehmen können, wenn sie durch die jeweiligen Städte kommen. Maximal kann man drei Aufträge haben, man kann aber jederzeit einen Auftrag abwerfen, weil man einen anderen annehmen will, ohne Nachteile zu haben abgesehen davon, dass man evtl. einen Teil der Strecke des abgelegten Auftrages bereits zurückgelegt hat.

Startspieler - ein leidiges Thema. Persönlich halte ich nicht viel von den 'humorvollen' Auswahlkriterien, wie sie auch hier verwendet werden: 'Wer am unschuldigsten schauen kann'... Das ist bei diesem Spiel doppelt störend, weil es mehr oder weniger der einzige Versuch zu einem Witz ist, den man in der Spielanleirung findet.

Wenn ein Spieler am Zug ist, legen erst die anderen Spieler Hinterhalte. Hierfür legen sie jeder für sich mit dem Überfallkompass verdeckt eine Straße fest, an der sie dem Zugspieler auflauern wollen. Der Zugspieler kann sich einen Weg auswählen, auf dem er Geleitschutz hat und das auf seiner Wahlscheibe verdeckt einstellen, muss aber ansagen, dass er Geleitschutz nimmt.

Wenn alle Spieler ihre Wahl getroffen haben, zieht der Zugspieler seine Figur fünf Straßen und damit Städte weiter - mit Geleitschutz kommt man nur vier Städte weit. Wenn er dabei eine Straße gewählt hat, an dem einer der Mitspieler einen Hinterhalt vorbereitet hat, meldet der sich mit den freundlichen Wortern 'Mille Grazie'. Dann ist noch die Frage, ob der Zugspieler ausgerechnet für diese Teilstrecke den Geleitschutz angeheuert hat: wenn ja, passiert nichts, wenn nein, wird er beraubt.

Berauben bedeutet: zum einen erhält der Überfallende drei Siegpunkte, zum anderen verliert der Uberfallene je nach Straßenart eine, zwei oder drei zufällig gewählte Aufträge. Ein Transportunternehmen kann so auch mehrfach übefallen werden, wenn der Spieler sich die 'richtigen' Straßen aussucht.

Wer mit einem Auftrag in der Zielstadt ankommt, legt diesen ab und erhält dafür die Siegpunkte, die auf der Karte angegeben werden. Wer als erster 30 Siegpunkte hat, gewinnt, wenn mehrere Spieler gleichzeitig die 30 überschreiten, gewinnt der Spieler, der mehr Punkte hat. Man muss hierbei beachten, dass die Überfälle unterwegs geschehen, also vor der Ankunft in der Stadt. Gleichzeitig über 30 kommen können also nur zwei oder drei Räuber.

Die Räuber können sich untereinander absprechen, müssen sich aber nicht an die Absprachen halten. Es kann sogar sinnvoll sein, wenn man einen anderen Weg wählt, weil das Opfer ja die Diskussionen mithört und eventuell seinen Weg nach diesen Informationen richtet. Außerdem kann es wichtig sein, wenn man mit einem anderen Räuber zusammen knapp vor dem Sieg steht, ob man ggfs. auf demselben Weg lauern will wie der andere Räuber (der einen Punkt weniger hat), oder genau das vermeiden will (weil der andere einen Punkt mehr hat).

In den Testspielen stellte es sich als ziemlich unwahrscheinlich heraus, dass man einen Auftrag unbeschadet durchbrachte - wenn man das aber schaffte, waren die zusätzlichen Siegpunkte aber auch wichtig. Man muss vor allem die Mitspieler gut einschätzen: halten die sich daran, dass sie auf den genannten Straßen stehen, oder haben sie das nur gesagt, um mich auf einen anderen Weg zu lenken, wo sie dann wirklich stehen? Wo wird der Miträuber stehen, der fast die volle Punktzahl hat, und wie kann ich ihm zuvorkommen - vor allem: wo muss ich stehen, dass er nicht dieselben Punkte erhält wie ich, was mir ihm gegenüber keinen Vorteil bringen würde?

Man kann Mille Grazie rein auf Glück spielen, und hat dann ein leichtes Kinderspiel. Wirklich tiefgründig wird es aber erst durch die psychologischen und Bluff-Komponenten, die aus dem einfachen Spiel dann ein sehr nettes, komplexes Spiel machen. Da die Aufträge recycelt werden, kann man das Spiel auch auf eine längere Spieldauer anlegen, indem man die zum Sieg nötige Punktzahl erhöht - weniger Punkte sollte man aber nicht vereinbaren, dann wird das Spiel wesentlich stärker glückslastig. Die Bahn für die Punktzählung um das Spielfeld hat insgesamt 38 Felder, also wäre 38 Punkte als Siegbedingung auch eine logische Wahl. Überhaupt wird der Glücksfaktor mit steigender Spieldauer immer geringer.

Mille Grazie ist ein schönes Spiel nicht nur für zwischendurch - ein Spiel, das sowohl dem Vielspieler als auch dem Gelegenheitsspieler gefallen kann. Nur wer Bluffspiele verabscheut, sollte einen Bogen um dieses Spiel machen. Alle anderen können hier bedenkenlos zuschlagen.

Hersteller Zoch GmbH
Autor Dirk Hillebrecht
Spieler 2-4
Denken 9
Glück 5
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 19,50 €
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Donnerstag, 11. November 2010

Verliesmetzger

DungeonSlayers

Wenn man sich heutzutage umschaut, hört man die 'alten' Glaubenskriege um 'das bessere System' heutzutage beinahe gar nicht mehr. Stattdessen tobt seit einiger Zeit der Krieg 'Old School' gegen 'New School', wobei die Begriffe von den Anhängern der 'Old School' ursprünglich geprägt wurden, heute aber auf beiden Seiten Verwendung finden. Die einen werfen der Old School vor, ewiggestrig und verknöchert an den alten Zöpfen festzuhängen, während in der Gegenrichtung gerne Worte wie 'Willkür-Spielleiter', 'Fluff' und ähnliche verwendet werden. Aber über diesen Gegensatz will ich jetzt gar nicht schreiben.

Schließlich erscheint heute beim Uhrwerk-Verlag die Druckausgabe von Dungeonslayers (4), nachdem bereits einzelne Exemplare auf den internationalen Spieltagen zu bewundern waren. Das taschenbuchgroße Werk enthält alles, was man zum Spielen braucht - und mehr. Und es ist eindeutig Old School.

Wie definiert sich diese 'Old School' eigentlich? Auch wenn es da sicher so viele Definitionen gibt wie Spieler, dürften sie in einigen Punkten übereinstimmen: ein kurzes Regelwerk mit wenigen, aber deurlichen Regeln, eine Ausrichtung der Regeln auf den Kampf, und wenig bis keine 'Stimmungstexte' in den Regelbüchern. Wenn man sich zum Beispiel das originale D&D ansieht, oder auch das erste Spielerhandbuch von AD&D, sieht man, was gemeint ist - oder auch das Regelwerk von Dungeonslayers.

Mit nur 160 Seiten in DIN A5 ist das Regelwerk eindeutig kurz, und von diesen Seiten sind nur 10 Seiten Regeln (Proben, Kampf, Magie und Heilung) und 16 Seiten Charaktererschaffung. Hinzu kommen noch 30 Seiten mit Zaubersprüchen (wie der Name bereits andeutet, ist es als Fanatasy-System entworfen), 21 Seiten Talentbeschreibungen, etwas über 40 Seiten Spielleitertipps, drei kurze Abenteuer, eine Spielwelt-Kurzbeschreibung, und Anhänge (Beutetabellen, Miniaturen. Völkerbaukasten für eigene Fantasy-Völker), Feuerwaffen, Index und ein kopierbarer Charakterbogen. Es fällt hierbei auf, dass die Talentbeschreibungen mehr Platz einnehmen als die Kampfregeln, was ein wenig der 'Old School' zu widersprechen scheint.

Das Buch ist im Regelteil - abgesehen von den Beispielen, die die Details gut erhellen - gänzlich frei von Fluff- (Stimmungs-)Texten. Es liest sich dadurch ziemlich trocken, aber dennoch nicht langweilig - dafür sind die Regeln zu kurz. Auf wenige Begriffe heruntergebrochen, stellen sie sich wie folgt dar:

Ein Charakter hat drei Attribute, sechs Eigenschaften, Kampfwerte, eine oder zwei Klassen, und Talente. Die Attribute (Körper, Agilität und Geist) sind jeweils an zwei Eigenschaften (Körper: Härte und Stärke, Agilität: Bewegung und Geschick, Geist: Aura und Verstand) zugeordnet. Die Werte werden mit einem Kaufsystem ermittelt, wobei 20 Punkte auf die Attribute verteilt werden dürfen (Wertebereich 4-8), und dann noch einmal 8 Punkte auf die Eigenschaften (Null ist möglich). Je nach Volk und Klasse (man könnte auch sagen: Rasse und Beruf) gibt es dann noch einen Bonus.

Klassen gibt es grundsätzlich drei: Krieger, Späher und Zauberwirker, wobei letztere unterteilt werden in Heiler, Zauberer und Schwarzmagier. In ihren speziellen Bereichen (Heilung und Defensive bzw. Schaden und Offensive) sind Heiler und Schwarzmagier dem Zauberer leicht überlegen, dafür ist der Zauberer aber eben ein Allrounder.

Die Kampfwerte werden nach recht einfachen Formeln aus den Attributen und Eigenschaften errechnet und auf dem Charakterbogen in eine Leiste mit Symbolen eingetragen, die einigermaßen selbsterklärend sind. In der Illustration sind das in Reihenfolge: Lebenskraft, Abwehr, Initiative, Laufen, Schlagen, Schießen, Zaubern und Zielzauber. Diese Werte können auch durch Ausrüstung, Magie etc. verändert werden.

Außerdem hat jeder Charakter ein (Menschen zwei) Talent, das abhängig von der Klasse aus einer kurzen Liste gewählt werden kann. Sie ähneln stark den Sonderfertigkeiten beim Schwarzen Auge - man kann viele zwar in mehreren Stufen erwerben, aber man hat sie oder man hat sie nicht.

Wenn man dann im Abenteuer Erfahrungspunkte gesammelt hat, kann man nach einiger Zeit Stufen aufsteigen. Die Tabelle der Stufenaufstiege sieht für den Experten bekannt aus: es ist grundsätzlich dieselbe, die zu Beginn bei DSA benutzt wurde. Also eine mäßig quadratisch steigende Kurve, nicht die steile Quadratfunktion von D&D. In einer neuen Stufe erhält man einen Talentpunkt (gleichbedeutend mit einem neuen talent oder einem neuen Rang in einem vorhandenen Talent), und zwei Lernpunkte. Für Lernpunkte kann man Eigenschaften, Lebenskraft, Sprachen, Schriften - oder auch Talentpunkte kaufen, wobei sich hier das Sparen lohnen kann, denn je nach Klasse kosten manche Steigerungen drei Lernpunkte, andere nur einen. Zauber erlernt ein Zauberweber beim Erreichen einer neuen Stufe 'automatisch' - man muss also nicht wie bei AD&D würfeln, ob man den Zauber kapiert -, man muss allerdings über eine Quelle für den Zauber verfügen. Insgesamt erhält man so viele Zauberstufen hinzu wie man soeben als neue Stufe erhält - ein fünftstufiger Zauberer könnte also zum Beispiel einen zweit- und einen drittstufingen Zauber erwerben, oder fünf erststufige, oder...

Neben den Klassen gibt es auch sogenannte Heldenklassen, die am ehesten den Prestigeklassen bei D&D 3 entsprechen. Jeder Klasse (Heiler, Zauberer und Schwarzmagier getrennt) erhält die Möglichkeit, ein von drei spezifischen Prestigeklassen zu wählen. Dadurch wird das Steigern zwar schwerer, aber man erhält Zugang zu interessanten Talenten, die die Basisklasse nicht erreichen kann.

Proben und Kämpfe sind leicht abzuhandeln, wobei ein 'Unterwürfelmechanismus' wie bei DSA verwendet wird, gleichzeitig aber dennoch so hoch wie möglich gewürfelt werden sollte. Bevor jetzt die Fragezeichen erscheinen: so hoch wie möglich, aber kleiner oder gleich dem Zielwert.

Der Zielwert ist meist Eigenschaft plus Attribut (plus ggfs. Modifikatoren), der Würfel ist ein W20. Bei vergleichenden Proben wird der Würfelwert verglichen, wenn beiden die Probe gelungen ist. Wenn nur einem die Probe gelang, hat der gewonnen, wenn keinem die Probe gelang, kann es zu einer neuen Runde kommen. Und ja, Einsen und Zwanzigen zählen auch als Patzer bzw. automatische Erfolge.

Im Kampf zählt der Würfelwurf auch gleichzeitig als Schaden. Es sieht also so aus: erst würfelt der Angreifer, ob er trifft. Wenn die Probe Erfolg hatte, zeigt der Würfel gleich auch den Schaden an (so dass jemand, der eine höhere Fertigkeit hat, auch Chancen hat, mehr Schaden zu machen). Der getroffene würfelt dann eine Abwehr, bei Erfolg darf er die Augen des Abwehrwurfes vom Schaden abziehen. Achja: wenn die 'Zielzahl' über 20 kommt, wird mehrfach gewürfelt: der erste Wurf ist nur interessant, wenn es ein Patzer ist (alles andere trifft), der zweite geht dann auf Zielzahl -20, der dritte ggfs. auf Zielzahl -40 etc. Da de Schaden / Erfolg vom Würfelwert abhängig ist, muss allerdings jeder Wurf gewürfelt werden, auch wenn er (als zweiter einer Reihe) gar nicht schiefgehen kann.

Das waren schon die Kampf- und Probenregeln. Die Liste der Zaubersprüche ist nett, und ich hatte auch nicht den Eindruck, dass da ein Zauber überpowert wäre.

Der Teil für den Spielleiter ist interessant zu lesen, und dürfte auch für erfahrene Spielleiter hin und wieder zu Aha!-Effekten oder zu Erinnerungen 'da müsste ich auch ofter dran denken' führen. mir hat er jedenfalls sehr gut gefallen. Hier findet man dann auch Regeln, wie magische Gegenstände hergestellt werden können, Monsterwerte und so weiter.

Die Abenteuer sind nette Kurzabenteuer. Im ersten soll man für einen Wirt Ratten jagen, die seine Vorratskammer überfallen, im zweiten einen Händler auf der Reise begleiten. Beide Abenteuer sind mit jeweis vier Seiten (zwei A4-Seiten) kurzt und knackig, bieten aber trotzdem nette Wendungen, auch wenn 'erfahrene' Abenteurer sie vielleicht vorhersehen können. Das letzte Abenteuer ist dann ein 'klassischer' Dungeoncrawl, es geht in eine ehemalige Burg, in der jetzt Räuber oder so hausen sollen. Auf acht Seiten ist ein kompletter Dungeon mit einigen netten Überraschungen errichtet.

Die Welt (Caera), die als Abenteuerwelt angeboten wird, ist ziemlich klein - man fühlt sich, was die Ausdehnung und das 'Aufeinander' verschiedener Kulturen betrifft, unwillkürlich an Aventurien oder die Known World erinnert. Die scheinbar grenzenlosen Weiten beispielsweise der Forgotten Realms hat man hier nicht - aber dafür als Spielleiter auch nicht so sehr das Problem, die Charaktere von Punkt A nach Punkt B zu bringen. Reisen sind dahingegen eher kurz, was den Eindruck der Old School noch einmal verstärkt. Eine halbe Tagesreise vom Dorf liegt der Dungeon mit dem Schwarzmagier -- so haben doch wahrschienlich viele einmal angefangen...

Für unter 18 Euro erhält man das Regelwerk als 'Totbaumversion'. Die vorherige Version (3.5) ist auf der Webseite auf Englisch, Spanisch, Französisch und Italienisch zu downloaden, diese Version steht unter einer CC-BY-NC-SA-Lizenz. Die Charaktererschaffung weicht ein wenig ab, aber grundsätzlich scheinen die Versionen kompatibel zu sein. Außerdem findet man auf der Dungeonslaysers-Webseite Zusatzmaterial (zu V. 3.5) zu Feuerwaffen, Alchimie und Schmiedearbeiten - größtenteils in v4 eingebaut -, einen Charakterbogen, Karten und Tabellen zu Caera, 13 'normale' und ein weihnachtliches Abenteuer (als 'Dungeon 2 Go', also kurz, so dass sie idR an einem Abend durchgespielt werden können), und weiteres Material.

Was mir ein wenig aufgefallen ist: der ansonsten bei einem Namen wie 'Dungeonslayers' zu erwartende aufgesetzte Humor fehlt angenehmerweise völlig. Wenn man von dem Namen des Systems absieht (und den wohl ungewollten Seitenhieb mit der neuen Version als DS4, sowohl gegen das optisch nahezu gleich aussehende DSA als gegen die ebenfalls vierten Versionen von DSA und D&D, die zur Zeit aktuell sind), ist es wirklich ein 'klassisches' Dungeoncrawl-System, das durch die breite internationale Unterstützung und Fanbasis sicher alle Chancen hat, größer zu werden - verdient hat es das alle Mal. Es hat sogar in meinen Augen einen Vorteil gegenüber beispielweise LabyrinthLords: es klammert sich nicht so sehr an (A)D&D, dass es versucht, das System nachzubauen, sondern ist ein eigenständiges System, das gut ausgewogen scheint und Lust macht, wieder einmal einen Dungeon zu plündern...

HerstellerDungeonSlayers und Uhrwerk-Verlag
Autor Christian Kennig
Spieler RPG
Denken RPG
Glück RPG
Geschicklichkeit RPG
Preis € 17,95
Hier klicken um mehr zu lesen...

Mittwoch, 10. November 2010

Die Namenlose 13 schlägt zu

Wie auf der eigenen Homnepage angekündigt wird, soll Alveran.org per Jahresende vom Netz gehen.

Damit kommt das Ende einer Institution, die man wohl mit Fug und Recht als eine der ganz großen Konstanten im Internet betrachten konnte, was das Deutschsprachige Rollenspiel angeht. Ich wüsste jetzt auf Anhieb - außer vielleicht dem Vinsalt-Forum - keine so bekannte Institution. Seit insgesamt 13 Jahren fand man bei Alveran die News und eine - nicht immer leichte - Diskussionsgemeinschaft.

Wenn man zurückblickt: vor 13 Jahren, also 1997, war gerade der Konkurs von Schmidt Spiele, der Tod von Ulrich Kiesow, und die Übernahme von DSA durch FanPro. Von den heute bekannten DSA-Seiten existierten damals mW nur der Thorwal Standard, und der Vinsalt-Serive (heute: Vinsalt-Forum, nachdem der eigentliche Service seit 2005 nicht mehr upgedatet wird).  Vieles ist seither geschehen, und Alveran hat das System begleitet. 

Dass Alveran sich verändern würde, war wohl zu erwarten, seit Mark nicht mehr in der Redaktion ist und daher auch die Anlieferung von News aus der Aventurischen Produktion nicht mehr gewährleistet waren (dass Ulisses den Online-Publikationen nicht sonderlich gewogen ist, dürfte wohl inzwischen bekannt sein). Dass der Schritt aber ein so einschneidender sein würde - damit hatte ich, ehrlich gesagt, denn doch nicht gerechnet.


Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Rolle von Alveran durch einen anderen Dienst übernommen werden kann - es sich auf jeden Fall ziemlich große Stiefel, die sich dafür jemand anziehen müsste.  Andreas, Florian, Johannes, Mark: ihr werdet vielen fehlen. Dennoch alles Gute bei euren zukünftigen Unternehmungen. Hier klicken um mehr zu lesen...

Dienstag, 2. November 2010

Fünfe gerade

Cinco


Ein kleiner Verlag mit schönen Spielen - viele Verlage lassen sich so beschreiben, aber franjos (der Name wird offiziell klein geschreiben) passt auf jeden Fall hier hinein. Der Verlag, der seinen Namen sowohl aus den Vornamen des Gründers (Franz-Josef Herbst) und denen des des Autors des ersten veröffentlichten Spiels (Aladdins Erbe von Franz-Josef Schulte, der seit einigen Jahren Miteigentümer ist) bezieht, produziert selten mehr als ein neues Spiel pro Jahr; es gibt auch Jahre, in denen gar kein neues Spiel erscheint.

In diesem Jahr erschien das Spiel Cinco, ein Legespiel in der Tradition von Renju/Goban/Gomoku/Mühle/Vier gewinnt. Ich nenne Renju bzw. Goban und Gomoku bewusst zuerst, weil es auch bei Cinco - wie der Name schon andeutet - darum geht, als erster eine Reihe mit fünf eigenen Steinen zu bauen. Allerdings anders als bei diesen beiden Spielen nicht auf einem quadratisch unterteilten Spielfeld.

Auch wenn es eher aussieht wie ein Pressefoto, auf dem jemand das Spielbrett festhält: die Spieleschachtel sieht tatsächlich so aus wie rechts oben zu sehen ist. Wer genau hinschaut, sieht bereits, dass die Zahlenkreise in einem Sechseckmuster angeordnet sind. Es sind insgesamt 90 Felder, da das Mittelfeld nicht vorhanden ist, die Felder sind durchnummeriert. Die Zahlen von 1 bis 90 ziehen sich von innen nach außen in Mäander- nicht Spiralform.

Neben dem Spielbrett findet man noch ein Spielregelheft in der Schachtel, mit Spielregeln in Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch, 90 Spielkarten mit den Zahlen von 1 bis 90, und Spielsteinen: je 35 Spielsteine in 3 Farben. Die Spielsteine sind dicke Plastik-"Knöpfe", die eher aussehen wie dicke, gestauchte Backgammonsteine. Sie liegen überraschend gut in der Hand und sind auch wesentlich angenehmer zu handhaben als man es bei Plastikmaterial erwarten würde.

Die Spielregeln sind leicht beschrieben: jeder Spieler erhlät vier Karten. Wer am Zug ist, hat die Wahl aus drei Möglichkeiten:

  • Wenn man weniger als vier Karten auf der Hand hat, kann man eine Karte nachziehen
  • wenn man mit allen Karten auf der Hand meint nichts anfangen zu können, darf man die ganze Hand abwerfen und vier neue Karten erhalten
  • oder man spielt eine Karte aus und setzt entsprechend einen Stein

Das Handmaximum ist also immer vier. Wenn man einen Stein einsetzt, kommt er auf ein Feld des Spielplans, der dieselbe Zahl wie die Karte oder eine höhere Zahl hat. Auf der Karte wird das auch dadurch gekennzeichnet, dass die möglichen Einsatzorte durch eine Mäanderlinie verbunden sind. Man muss also zum Beispiel, wenn man die 52 ausspielt, den Stein nicht unbedingt genau auf dieses Feld legen, sondern kann auch auf die Felder 53-90 setzen. Dies macht die Karten mit den niedrigen Werten natürlich entsprechend mächtiger. Wenn alle möglichen Felder bereits besetzt sind, wird eben kein Stein gesetzt (oder in einer Variante die Karte als "1" gewertet, was zusätzliche taktische Finessen ermöglicht).

Wie zu erwarten gewinnt der Spieler, der als erster fünf (oder mehr) Steine der eigenen Farbe in einer ununterbrochenen geraden Reihe platzieren konnte. Sollte (im Dreierspiel) das Brett voll sein oder (im Zweierspiel) ein Spieler keine Steine mehr zur Verfügung haben, ohne dass eine Fünferreihe gebildet werden konnte, endet das Spiel unentschieden. Sollte der Nachziehstapel aufgebraucht sein, bevor das Spiel durch Sieg oder Unentschieden zu Ende gegangen ist, werden die Karten neu gemischt und ein neuer Nachziehstapel gebildet. Das kann aber nur passieren, wenn beide Spieler massiv die Option 'Tausche vier Karten' verwenden.

Neben den möglichen Reihenbildungen des Gegners muss man auch im Auge behalten, wo man seine eigenen Steine überhaupt einsetzen kann (und bevorzugt die höheren Karten ausspielen - so eine 3 kann ein Lebensretter sein, wenn man nur mit ihr auf dem Feld Nummer 38 einen Fünfer verhindern kann, während man ansonsten nur Karten größer als 38 auf der Hand hat), und wie viele Karten man auf der Hand hat, da auch das Nachziehen einer Karte eine Runde kostet. Wenn man vier Karten mit sehr hohen Zahlen hat, kann es sich dann sogar lohnen, drei der vier Karten auszuspielen, und dann die Option 'Komplette Hand ersetzen' zu spielen, weil man damit zwei Zugrunden spart. Leider hilft das nicht viel, wenn man eine niedrige Karte auf der Hand hält, die man nicht wegwerfen will - so wird einem wenigstens das Kartenpech, wenn man nur hohe Werte hat, ein wenig versüßt.

Überhaupt ist der Glücksfaktor - ein klein wenig auch durch diesen Zugvorteil bei Kartenpech - überraschend gering. Ein einzelnes Spiel dauert, je nach Spielern, zwischen fünf minuten und etwa einer Viertelstunde, wobei die 'besseren' Spieler auch tendenziell die längeren Spiele verusachen.

Trotz der Kürze des Spiels ist es also eher ein Spiel für die Denker als für Glücksspieler. Und die werden an dem Spiel Vergnügen haben.

Die Entstehung des Spiels, wie sie in der Spielanleitung angegeben wird, ist interessant: Schon 1958 erschien eine Vorversin unter dem Namen 5ive Straight, laut Boardgamegeek (siehe Link) sind die orignalen Autoren Jack Montgomery, Ellen Washburne und Norman Washburne, für die es keine weiteren Kontakinformationen gibt. Allerdings begann hier die Spirale genau in der Mitte, es wurden kein Steine gelegt, sondern Stecker in ein Steckbrett gesteckt, und es wurde als "vorzugsweise für drei Spieler" verkauft. Das Spiel ist im Laufe der Zeit bei einer Vielzahl Kleinverlagen in den USA erschienen. Eine Schnellanalyse ergibt, dass das 'Loch' in der Mitte, durch das eine ganze Menge Reihen unmöglich werden, einen ziemlich grpoßen Einfluss auf den Glücksfaktor des Spiels hat: mit der 1 in der Mitte wird es wesentlich stärker vom Glück abhängig. Insofern ist die Deutsche Überarbeitung schon als gelungen zu bezeichnen.


Hersteller Franjos
Autor k.A. (siehe Text)
Spieler 2-4, 6
Denken 8
Glück 4
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 23 €
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