x Roachware: Geldscheffler

Mittwoch, 8. Februar 2012

Geldscheffler

Aktienrausch
Billig kaufen oder produzieren, teuer verkaufen - das ist die Basis der meisten Geschäftsmodelle. Einmal abgesehen davon, dass es andersherum - teuer kaufen, billig verkaufen - meist weniger Erfolg versprechen dürfte (je nachdem, wie man 'teuer' und 'billig' definiert), gibt es auch nur wenige Möglichkeiten, diesem Mechanismus zu entkommen.
 
Besonders stark gilt dieser Grundsatz natürlich an der Börse. Das Wechselspiel der Aktienkurse, das Ahnen, welche Aktien womöglich mehr Erfolg haben als der Durchschnitt, die Erleichterung, wenn eine besonders riskante Investition sich ausbezahlt hat - all das spricht die Fantasie an und lässt Menschen träumen. Träume wiederum lassen sich oftmals besonders gut als Spiele umsetzen. Nicht jeder hat das Geld groß an der Börse zu spekulieren. Aber fast jeder kann sich ein Brett- oder Kartenspiel leisten. Und wer davon träumen will, ein großer Finanzhai zu sein, wählt dann ein Spiel um die Börse, sei es das 'Börsenspiel', oder auch ein kleineres Spiel wie Aktienrausch aus dem Hause Isensee.
 

Isensee ist ein kleiner Privatverlag, der meist einmal im Jahr, zur SPIEL, ein neues Spiel herausbringt. Nach Besuchen beim Minotaurus und in Arabien in den letzten Jahren wurde diesmal das Börsenparkett gewählt.
 
In der kleinen Schachtel findet sich folgendes Material:
  • 30 Aktienkarten (6 Gesellschaften zu je 5 Karten)
  • 6 Päsidentenkarten, eine für jede Gesellschaft
  • 6 Karten Kapitalfelder, eine für jede Gesellschaft
  • 36 Banknoten/Dividendenkarten (je 6 pro Aktiensorte in den Werten 1-6)
  • 5 Karten Ablagefeld
  • 1 Startspielerkarte
  • 6 Kursmarkierungsplättchen in den Aktienfarben
  • 5 Holzspielsteine in den Spielerfarben
  • ein Kurstableau
  • eine Spielregel
 
Die Karten haben gute Qualität, sie wirken auf mich etwas stabiler als normale Spielkarten. Sie sind sehr mit Karikaturen illustriert, die aber nicht zu sehr vom Spielgeschehen ablenken. Etwas besondere sind die Banknoten: auf der Vorderseite stehen die Firmensymbole und Zahlen von 1 bis 6, auf der Rückseite der Geldschein (je 1 Million). Die Holzspielsteine sind kleine Holzwürfelchen. Die Schachtel, in der das ganze steckt, hat gerade eben Platz für 84 Karten, das Tableau und die Spielsteine. Luft ist da keine mehr.
 
Moment mal, wird da jetzt der eine oder die andere fragen, und was ist mit der Spielregel? Die ist ein großes Blatt von 46 x 40 cm, das zu kleinen Feldern von 8 x 10 cm zusammengefaltet wird. Zusammengefaltet ist das Ding also so dick wie 24 Blatt Papier - und wie gesagt: nur mit den Karten und Spielsteinen ist die Schachtel schon gut gefüllt. Das Ergebnis ist, dass die Schachtel sich deutlich wölbt, wenn man auch noch die Spielregel hinzufügt. So wenig ich Spiele mag, die in der Verpackung zum größten Teil aus Luft bestehen: hier wäre eine etwas größere Schachtel sinnvoll gewesen. (Ich vermute, dass die Spielkarten ursprünglich etwas einfachere Qualität haben sollten, denn auch dann würde die Regel wahrscheinlich problemlos in die Schachtel passen.)
 
Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler je nach Spieleranzahl 4 oder 6 Millionen an Bargeld, die Aktien werden nach Firmen sortiert und die jeweilige Präsidentenkarte darauf gelegt. Auf dem Kurstableau ist auch eine Zählleiste für das Schweizer Bankkonto, hier stehen zu Spielbeginn die Steine der Spieler auf 0. Die Kursmarker der Aktiengesellschaften stehen zu Spielbeginn je nach Spieleranzahl auf 2 oder 3 (Millionen).
 
Ein Spiel besteht aus einer Anzahl von Aktien- und Dividendenrunden, die immer abwechselnd erfolgen. Nach jeder Dividendenrunde wechselt der Startspieler.
 
In einer Aktienrunde können die Spieler, beginnend beim Startspieler, reihum dreimal eine Aktion durchführen: entweder man kauft genau eine Aktie oder man verkauft beliebig viele Aktien einer Sorte, wobei man ersteres maximal zweimal durchführen darf, verkaufen sogar nur einmal. Man kann auch zwischendurch passen (und damit eine Aktion aufgeben), wenn man gerade nichts anderes tun will. Die Präsidentenkarte erhält hierbei zunächst einmal der Spieler, der die erste Aktie kauft, zusätzlich zur gekauften Aktie; sie wechselt den Eigentümer, wenn jemand mehr Aktien besitzt als der aktuelle Präsident, und auch dann ohne extra Zahlung. Gekauft wird immer zum aktuellen Kurs, der sich auch durch den Kauf in der Regel nicht verändert, es sei denn, es wird die letzte Karte einer Gesellschaft gekauft: dann geht der Kurs sofort eine Million hoch (maximal auf 5 Millionen). Beim Verkauf hingegen, der ebenfalls zum aktuellen Kurs erfolgt, fällt der Kurs um eine Million pro verkaufter Aktie bis auf ein Minimum von 1 Million.
 
Beim Kauf von Aktien werden die verwendeten Geldscheine auf das Kapitalfeld der Gesellschaft gelegt: diese Karten werden in der Dividendenrunde noch einmal benötigt. Beim Verkauf kann man sich aussuchen, wie viel vom Verkaufserlös man als Bargeld erhalten will und wie viel aufs Schweizer Konto gehen sollen. Da der Staat bei jeder Bargeldbewegung Steuern erhebt (50% Quellensteuer) wird man Geld bevorzugt auf diesem Weg aufs Konto bringen und auch dort belassen.
 
Nach der Aktienrunde erfolgt die Dividendenrunde. Hierfür nimmt sich jeder Präsident einer Gesellschaft die Geldscheine, die bei dieser Gesellschaft auf dem Kapitalfeld liegen, auf die Hand (getrennt vom eigenen Geld zu halten). Wer in mehreren Gesellschaften Präsident ist, darf die Karten auch zusammenfassen.
 
Beginnend beim Startspieler werden jetzt die Karten auf die Ablagefelder für Dividendenkarten gelegt. Hierbei gelten folgende Regeln:
 
1) Auf eine ausliegende Karte darf nur eine Karte gespielt werden, die genau einen Punkt höher ist, wobei die Gesellschaft der Karte beim Ausspielen unerheblich ist. Auf eine 6 kann also keine weitere Karte gelegt werden.
 
2) Auf ein leeres Ablagefeld darf eine beliebige Karte gelegt werden.
 
3) Wer an der Reihe ist, kann passen, aber in der nächsten Runde auch wieder ausspielen (zum Beispiel, weil man gerade keine passende Zahl auf der Hand hätte, oder weil man nicht ausspielen will). Das Ausspielen endet aber, wenn eine komplette Runde lang alle Spieler gepasst haben.
 
Wenn alle Spieler gepasst haben oder keine Karten mehr haben, wird abgerechnet. Jede Gesellschaft, die mindestens in einem Stapel eine Karte obenauf liegen hat, steigt im Kurs um eine Million, die Kurse der Gesellschaften, die nicht in mindestens einem Stapel oben liegen, fallen um eine Million.
 
Die Stapel werden jetzt nach Gesellschaften zusammengefügt (der Stapel mit der höchsten Zahl zuoberst), anschließend werden die Scheine als Dividende ausbezahlt. Hierbei erhält erst einmal der Präsident einen Schein. Dann werden die übrigen Scheine ausbezahlt, reihum erhält jeder Spieler, beginnend mit dem Präsidenten, je einen Schein, bis das Geld weg ist. Es lohnt also, in einer auszahlenden Gesellschaft Präsident zu sein, da man mindestens einen Schein mehr erhält als jeder einzelne Mitspieler.
 
Zuguterletzt erhält der Spieler die Startspielerkarte, der die geringste Gesamtdividende erhalten hat - bei Gleichstand geht die Karte an den Spieler, der dem derzeitigen Startspieler im Uhrzeigersinn am nächsten sitzt.
 
Irgendwann erreicht das Konto eines Spielers den Stand von 25 Millionen. Meist geschieht das durch einen Aktienverkauf, dann darf jeder Spieler, der in der Aktienrunde noch nichts verkauft hate, noch einmal Aktien verkaufen. Wer danach den höchsten Kontostand auf dem Schweizer Konto hat, hat gewonnen, bei Gleichstand zählt der Wert der Aktien, die sich noch auf der Hand befinden.
 
Zusätzlich gibt es in der Spielregel noch eine Beispielrunde, in der eine komplette Aktien- und Dividendenrunde durchgespielt wird. Wer sich über Details der Regel nicht im klaren ist, kann hier die Regeln noch einmal in Aktion sehen.

Das Material ist leicht satirisch angehaucht. Dies gilt nicht nur für die Karikaturen, sondern auch für die Namen der Gesellschaften. Es gibt in alphabetischer Reihenfolge Äppel, Bank Rott, DMW, EOFF AG, Kalo Kola und Kickers Essen. (Na, wer erkennt die Firmen?). Dennoch ist das Spiel ein ernsthaftes Börsen-Handelsspiel, das weder in den Mechanismen noch in der Spielstimmung satirisch oder humorvoll wirkt (und auch gar nicht erst wirken will). Fans ausgeklügelter Börsensimulationen werden das Spiel sicherlich 'zu einfach' (oder: nicht komplex genug) finden, aber für den Durchschnittsspieler ist es hervorragend geeignet. Und zu dem Preis, zu dem ich es gefunden habe, ist auch das Problem mit der Schachtelgröße noch akzeptabel.

HerstellerIsensee
AutorFlorian Isensee
Spieler 2-5
Denken 8
Glück 5
Geschicklichkeit 0
Preis ca. € 3,90 (bei Milan Spiele


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