x Roachware: Paging the Doctor

Sonntag, 25. Dezember 2011

Paging the Doctor

Chrononauts

Zeitreisende haben es nicht leicht. Überall gibt es Ereignisse, die man nicht (oder doch?) verändern will. Sei es, dass man das Attentat auf John Lennon verhindern will, dafür sorgen will, dass die Titanic nicht sinkt, oder was auch immer: Die Folgen dieser Veränderungen sind unvorhersehbar, und man ist anschließend damit beschäftigt, die Zeit wieder so weit zu reparieren, dass sie nicht völlig aus den Fugen geht. Und wenn dann noch andere Zeitreisende ebenfalls herumpfuschen, hat man es doppelt schwer.

Im Spiel Chrononauts von Looney Labs geht es um genau diese Probleme. Verschiedene Zeitreisende verändern die jüngere Geschichte, jeder mit dem Ziel, bestimmte Ereignisse (wieder-)herzustellen.


Das Spiel enthält in der Normalversion folgende Teile:

  • 32 Zeitleistenkarten
  • 22 Reparaturkarten ('Patches')
  • 2 Zeitmaschinen ('Gadgets')
  • 19 historische Artefakte
  • 14 Aktionskarten
  • 9 Timewarp-Karten
  • 18 Karten, mit denen man die Ereignisse direkt verändert ('Inverters')
  • 10 Missionskarten
  • 14 Identitäten
  • ein Regelblatt

Die Karten sind einigermaßen stabil, und in der Regel gut zu erkennen. Englisch muss man allerdings für dieses Spiel verstehen, denn viele Karten enthalten Texte.

Alles dreht sich um die 32 Zeitreihen-Karten. Die unterteilen sich in 13 Schlüsselmomente ('Linchpins') und 19 Effektpunbkte ('Ripplepoints'). Eine Linchpin-Karte hat auf der Vorder- und Rückseite ein Ereignis, sozusagen die 'Gegenteile'. Zum Beispiel ist die Rückseite der Karte 1937 (6. Mai, Hindenburg explodiert) die Karte 1937' (6. Mai, Bombe an Bord der Hindenburg entdeckt, entschärft, aber Saboteur unbekannt). Auf der Karte steht dann acuh, welche anderen Ereignisse auf Ripplepoints eventuell hierdurch nicht stattfinden können, hier: 1950 – 25. Juni – Seoul wird durch Nord-Korea besetzt. Zu Spielbeginn liegen diese Karten in zeitlicher Reihenfolge aus, und zwar so wie wir sie als erlebt kennen.

Jeder Spieler erhält zunächst eine Identitätskarte, auf der jeweils drei der Ereignisse vermerkt sind, die die Geschichte dieses Zeitreisenden beschreiben. Nur eines der Ereignisse entspricht unserer Geschichte, die beiden anderen sind Abweichungen. Beispiel: 'Oliver' hat eine Geschichte, in der die USA sich nicht im ersten Weltkrieg einmischten (1917), in dem der Aktienmarkt in 1929 crashte, und in der im Jahre 1974 Martin Luther King Präsident wurde, nachdem John F. Kennedy ermordet wurde. Eines der Ziele des Spielers ist es, diese Ereignisse so herzustellen, wie sie in seine Geschichte gehören.

Außerdem erhält jeder Spieler eine Mission: eine Kombination von historischen Artefakten, die er sammeln soll. Diese Artefakte gehören nicht unbedingt in die Zeit von 1965 bis 1999: es gibt beispielsweise eine Videoaufnahme der Entstehung der Universums (auf Betamax), oder auch gleich drei Mona Lisen, eine offensichtliche Fälschung (mit Schnurrbart), eine gute Fälschung (breit lachend und mit Augenzwinkern) und die echte. Je nach Auftraggeber muss eine bestimmte Kombination der Artefakte gesammelt werden.

Artefakte, Timewarps, Gadgets, Aktionen und Inverter werden gemischt, jeder Spieler erhält drei Karten. Wer am Zug ist, zieht eine Karte und spielt dann eine.

Artefakte kann man (beim Ausspielen) einfach vor sich ablegen. Das ist die einfachste Aktion. Mit einem Inverter kann man die Geschichte verändern. Einige Inverter erlauben es speziell, einen Mordanschlag zu verhindern, oder ein geschichtliches Ereignis zu korrigieren, oder auch einen beliebigen Linchpin umzudrehen. Welche Karten gedreht werden können, steht ausdrücklich auf den Invertern drauf.

Wenn ein Linchpin umgedreht wird, kann es sein, dass hierdurch bestimmte Ripplepoints aktiviert werden, und ebenfalls umgedreht werden müssen. Einzelne Ripplepoints drehen sich auch erst, wenn mehrere Linchpins umgedreht wurden. Die Rückseite der Ripplepoints zeigt zunächst einmal nur den Kommentar 'Paradox', und einen Hinweis, welche Linchpins benötigt werden, um die Karte zurückdrehen zu können.

Auf so ein Paradox kann der passende Patch gespielt werden. Statt der oben erwähnten Besetzung Seouls eröffnet beispielsweise im Jahr 1950 eine Zeppelinfabrik in Seoul (da die Hindenburg nicht explodierte, gibt es wohl noch immer Zeppeline). Immerhin gibt es Zeitreisende, die genau diese Zeppelinfabrik benötigen, um zu gewinnen – und einen, der die Besetzung Seouls nötig hat.

Mit Aktionen und Timewarps kann man die Ereignisse anders beeinflussen – Artefakte stehlen, Karten ungeschehen machen etc.

Schließlich kann man noch jedes Mal, wenn man erfolgreich einen Patch spielt, eine zusätzliche Karte auf die Hand nehmen, so dass man in Zukunft eine Karte mehr zur Verfügung stehen hat. Wer dies besonders erfolgreich tut, so dass er zehn Karten am Ende seines Spielzuges auf der Hand hat, kann ebenfalls den Sieg für sich beanspruchen.

Man muss ständig im Auge behalten, wer welche Paradoxa verursacht, wer welche Linchpins zurückdreht etc. um eventuell einen Sieg zu verhindern – wenn es denn möglich ist. Man ist meist aber mehr damit beschäftigt, die Voraussetzungen für den eigenen Sieg zu schaffen, womit man den anderen Spielern in der Regel schon genug Ärger bereitet. Die Effekte, welche Aktion zu welchem Patch führt, ist manchmal sehr interessant, auch wenn die Geschichte hier aus einer eher US-zentrischen Weltsicht beschrieben wird. Alles in allem aber dennoch ein interessantes Spiel, das nicht nur als Spiel gut ist, sondern nebenbei und völlig ohne schulmeisterlichen Zeigefinger ein wenig moderne Geschichte vermittelt.

Neben dem Basisset gibt es noch zwei Erweiterungssets – The Gore Years mit Karten zu den Jahren 2000 bis 2008 (einschließlich der Möglichkeit, die Angriffe auf das World Trade Center zu verhindern – das kann dann dazu führen, dass Terroristen einen Helikopter mit Sprengstoffen in die Freiheitsstatue fliegen …) und 'Lost Identities' mit 13 zusätzlichen Zeitreisenden mit eigenen Ereignisbedingungen.

Und dann gibt es noch die 'Early American Chrononauts' – ein komplett selbständiges Spiel, das man mit dem Basisspiel kombinieren kann, aber m.E. nicht sollte, weil die Zeitreisenden und ereignisse hier voneinander komplett getrennt bleiben. Auch sind die Erweiterungen nicht mit den Early American Chrononauts kompatibel.


HerstellerLooney Labs
AutorAndrew Looney
Spieler 2-6 (mehr wird chaotisch, aber nicht unmöglich)
Denken 6
Glück 8
Geschicklichkeit 0
Preis € 15,60 (Basisspiel), € 2,34 (Losz Identities bzw. The Gor Years), € 15,60 Early American Chrononauts.

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