x Roachware: Was weh tut

Dienstag, 9. September 2008

Was weh tut

Cthulhu Waffenhandbuch Ich entdecke soeben, dass aus irgendeinem Grund diese Rezension – die schon lange fertig ist – es nicht in mein Blog geschafft hat. Das will ich hiermit dann (endlich) tun.

Cthulhu ist ein Rollenspiel, das mit davon lebt, dass die Charaktere der Spieler keine ernsthafte Chance haben etwas gegen die Schrecken aus den Tiefen von Zeit und Raum zu tun, auch wenn sie im grußen Kampf kleine Einzel- und Teilsiege erzielen können. Ob man jetzt in der klassischen Cthulhu-Epoche (den goldenen 20ern und den 30ern) spielt, in Sherlock Holmes Zeiten (Gaslicht), heute (Now), oder auch in einer der vielen Alternativen. Es gibt Material zum Vietnamkrieg, zum Wilden Westen, zur Zeit der Römer, zum finsteren Mittelalter, und so weiter, zum Teil offiziell, zum Teil inoffiziell.

Wenn die Charaktere aber sowieso keine Chance haben, und ihnen der Tod bzw. der Wahnsinn sicher zu sein scheint, wozu dann überhaupt ein Waffenhandbuch? Widerspricht die Möglichkeit, sich zu bewaffnen, nicht in gewisser Hinsicht der Aussichtslosigkeit?

Es gibt natürlich oft einen guten Grund für einen Charakter in Cthulhu, sich zu bewaffnen. Sei es, dass der Charakter sowieso bewaffnet sein würde (Gangster, Großwildjäger, Polizisten). sei es, dass er im Laufe eines Abenteuers feststellt, dass eine Waffe manchmal recht nützlich sein kann (spätestens, wenn einem der Ghul am Beinknochen nagt, kommt einem unwillkürlich dieser Gedanke...). Aber auch die 'Gegenseite' hat natürlich ihre eigenen Waffen, die sie auch gegen die Charaktere einsetzen kann. Kultisten haben Dolche und Pistolen, Außerirdische ihre eigenen ungewöhnlichen Waffen, und so weiter.

Waffen werden in den Grundregelwerken ziemlich stiefmütterlich behandelt. Es gibt jeweils eine recht kurze Liste, aus denen man sich eventuell ausrüsten kann, aber nichts, was auch nur annähernd den menschlichen Erfindungsreichtum widerspiegelt, wenn es darum geht, seine Mitmenschen auszulöschen. In vielen, auch offiziellen, Abenteuern werden aber Variationen genannt (und mit Werten versehen), so dass man bislang gezwungen war, auf der Suche nach einer bestimmten Waffe ("Wassili Dunjareff würde nur mit einer Tokareff herumlaufen") durch 'zig Abenteuer und Hintergrundbände zu suchen.

Im Februar erschien dann endlich das Waffenhandbuch bei Pegasus. Mit einer Dicke von rund 300 Seiten wirkt es für einen Waffenband in einem System, das viel Wert auf subtilen Horror und nur wenig auf Splatterhorror legt, ziemlich überdimensioniert. Schon der Einband – im Cthulhu-typischen stabilen Hardcover – wirkt aber sehr stimmungsvoll, und das Innere sieht ebenfalls sehr gut aus.

Wenn man durchzählt, wird man eine Weile zu tun haben: es werden mehr als 1300 Waffen beschrieben, aus allen möglichen Zeitperioden der Weltgeschichte, sowie auch einige Waffen von Außerirdischen. Laut Pegasus wurden hier alle Waffen, die in offiziellen Werken zu finden waren, gesammelt, damit das oben genannte Suchen endlich ein Ende hat. Hierbei sind nicht nur Schußwaffen zu finden, sondern auch vom Steinmesser bis zum Zweihandschwert und zum Sichelschwert zahlreiche muskelbetriebene Waffen der Geschichte.

Bei der Beschreibung der Waffen – zu jeder Waffe gibt es zumindest einen kurzen Eintrag sowie ein (handgezeichnetes) Bild – wurde viel Arbeit auch in die Details gesteckt. Die Autoren haben auch berücksichtigt, dass viele Waffen in verschiedenen Versionen verwendet wurden, so gibt es zum Beispiel vom Karabiner M4 der Amerikanischen Streitkräfte elf Versionen, die jede einen eigenen Set Spielwerte erhielt, die auch sinnvoll umgesetzt wurden. Außerdem wurden auch wichtige Eckzahlen, die sich nicht direkt in Spielwerten niederschlagen, zum Beispiel Gewicht, Kaliber, Lauflänge etc., nicht vergessen. Leider haben sich hierbei ein paar Druck- bzw. Setzfehler eingeschlichen, wobei zum Beispiel in einer Reihe von Fällen das W für den Würfel weggefallen ist. Es macht schließlich einen gewissen Unterschied, ob man 1W4 Schaden macht, oder 14 Punkte. Hierfür kann man bei Pegasus eine Errata-Liste (PDF, 1,4 MB) herunterladen.

Schön auch, dass in den Fließtexten nicht nur kurz die Waffe beschrieben wird, sondern auch die Verwendung, Geschichte und grundsätzliche Wirkungsweise (wo diese nicht als bekannt vorausgesetzt werden darf) umrissen wird. Vor allem dürfte auch die Auflistung einiger Mythoswaffen mit Angabe, welche Rassen sie verwenden, sehr nützlich sein. Hier merkt man noch am deutlichsten, dass Pegasus sich in allererster Linie aus bereits bestehenden Veröffentlichungen bedient hat. Ich hätte gerne etwas mehr gesehen, aber auch die vorhandenen Waffen können die Spieler das Fürchten lehren.

Das Waffenhandbuch wäre aber weder ein Cthulhu- noch ein Pegasus-Produkt, wenn es bei einer reinen Beschreibung auf Auflistung der Waffen bliebe. Zu den Waffen gehört ein wesentlich größerer Themenkomplex, der auch in dem Buch angesprochen wird.

So gibt es ein Kapitel zum Waffenrecht. Wer wann welche Waffe wie mit sich tragen darf, ist ja bekanntlich von Land zu Land unterschiedlich, und auch zeitlichen Veränderungen unterworfen. Manche Waffe, die in den '20ern noch legal war, würde heute durch das Waffenrecht illegal sein. Dies wird recht gut dargelegt. Auch wird für verschiedene Armeen und Polizeieinheiten, mit denen es Charaktere zu tun kriegen können, angegeben, mit welchen Waffen diese ausgerüstet sind – eine US-Amerikanische Armeeeinheit mit AK-47ern wäre schon recht seltsam.

Auch, wer wissen will, wie denn eigentlich ein Schalldämpfer funktioniert, oder ein Ziellaser usw., kommt hier auf seine Kosten. Man spart sich mit diesem Buch notfalls eine Menge Recherchearbeit im Internet. Obendrein gibt es noch neue Regeln zum Schnellziehen und Tarnen von Waffen, zum Kampf zu Pferd etc. Auch über die vielfältigen Kaliberbezeichnungen gibt es hier eine ghute und verständliche Übersicht.

Zusätzlich werden immer wieder kleine Abenteuerideen, berühmte Waffenhersteller etc. eingestreut.

Natürlich gibt es auch zwei Indizes, einer in Waffenfamilien nach Kategorie, einer für die Waffen und Untermodelle alfabetisch. Hiermit kann man recht schnell die gesuchte Waffe finden, wenn man eine bestimmte sucht.

Die Waffen sind, wie bereits gesagt, in Schwarz-Weiß-Zeichnungen abgebildet. Dies mag für den einen oder anderen eine leichte Enttäuschung sein, aber die Zeichnungen sind von guter bis hoher Qualität, und passen m. E. gut zum Stil von Cthulhu. Auch hätte es mich überrascht, Fotos beispielsweise von Blitzwerfern zu sehen, und gemischte Zeichnungen und Fotos hätten auch seltsam ausgesehen.

Alles in allem ist auch dieser Pegasus-Band ein wertvoller Zuwachs für eine Cthulhu-Kampagne, und der Preis, der nicht gerade als 'Super-Sonderangebot' gelten kann, ist m. E. gerechtfertigt. Aufmachung und Inhalt sind auf dem bei Pegasus bekannt hohen Niveau, so dass man es Spielleitern nur empfehlen kann.

(Diese Rezension entstand unter zusätzlichem Input von Christian L. von der Spielegilde Alveran e.V., dem ich hiermit noch einmal danken möchte.)

Hersteller / Autor

Pegasus Spiele

Sprache

Deutsch

Spieler

RPG

Denken

n/a

Glück

n/a

Geschicklichkeit

n/a

Preis ca.

39,95 € (Buchpreisbindung)

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