x Roachware: Expurgatio

Mittwoch, 29. September 2010

Expurgatio

 
 
Die Exorzisten

Den Sphinx Spieleverlag darf man nicht verwechseln mit dem Verlag Sphinx, der zum Hause Bertelsmann gehört. Beide haben allerdings in ihrem Sortiment einen leichten Hang zum Esoterischen, was sich beim Spieleverlag in der sogenannten 'Schwarzen Reihe' äußert. In kleinen Spielen die ganz in schwarzweiß gehalten sind, werden hier esoterische, aber auch leicht morbide Themen verwendet. Dennoch sind diese Spiele in der Regel ganz interessant.

Eines des Spiele ist das Spiel Die Exorzisten, das letztes Jahr zur Spiel erschienen ist. Bis zu sechs Spieler spielen hier die Rollen von sechs verschiedenen Exorzisten, die alle nach eigenen Regeln versuchen, Besessene von ihrer Besessenheit zu heilen. Dabei stehen ihnen je nach Einstellung verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung, und ihre Ziele sind auch unterschiedlich. Während 'weiße' Charaktere versuchen, so viele Dämonen wie möglich zu vertreiben, sind 'dunklere Gestalten' eher daran interessiert, sie zu beherrschen. Wieder andere versuchen, eine ausgewogene Mischung von weißen und schwarzen Elementen zu erreichen...
In der kleinen Spieleschachtel findet man neben sechs (natürlich schwarzen) Würfeln 24 Charakterkarten (eine 'Ausweiskarte' und drei Karten mit Aktionen), 42 Dämonenkarten, 35 Recherchekarten und 9 Objektkarten.

Auf den Ausweiskarten steht die Siegbedingung für den jeweiligen Charakter ausgedruckt, damit man sie immer vor Augen hat. Die Dämonen haben einen Macht- und einen Widerstandswert. Die anderen drei Charakterkarten zeigen jeweils zwei Aktionen, von denen eine auf grauem (Aktion), die andere auf schwarzem Hintergrund (Reaktion) steht. Man sollte sich die Beschreibungen gut durchlesen, denn auch wenn die Optionen sich ähneln, unterscheiden sie sich zwischen den Charakteren manchmal in Details. Es kann jedenfalls böse enden, wenn man einfach davon ausgeht, dass den anderen Spielern die absolut gleichen Optionen gegeben sind.

Eine Spielrunde besteht aus sieben Phasen, die allerdings nicht alle stattfinden müssen:

Im ersten Schritt wählt jeder verdeckt eine Aktion (grauer Hintergrund), was er in der Runde tun will. Man kann einen Exorzismus ankündigen, man kann recherchieren, oder sich von den Strapazen der letzten Runden erholen. Jeder Spieler, der einen Exorzismus ankündigt, legt einen oder mehrere Dämonen aus, die es in dieser Runde zu exorzieren gilt. Rechercheure erhalten Recherchekarten, mit denen sie später Exorzismen unterstützen können, und beim Erholen kann man (je nach Würfelwurf) Dämonen an die eigene Auslage hinzufügen oder auch hieraus entfernen.

Im zweiten Schritt wird überprüft, ob diese Runde ein Exorzismus stattfindet: nur wenn mindestens eine Exorzismus-Karte ausliegt und mindestens ein Dämon die Besessene plagt (es ist möglich, dass im Laufe des ersten Schritts Dämonen auch wieder weggenommen werden), findet ein Exorzismus statt. Wurde ansonsten keine Exorzismus-Karte gespielt, erhält jeder Spieler einen Dämon, dessen schwarze Seite an die eigene Auslage hinzugefügt wird - die Macht des Bösen steigt. Wenn aber eine Exorzismusl-Karte gespielt wurde und kein Dämon ausliegt, geschieht gar nichts. Die Schritte 3 - 7 finden nur statt, wenn ein Exorzismus stattfindet.

Im dritten Schritt wählt jeder Spieler von den übrigen zwei Aktionskarten verdeckt eine Reaktion. Durch die Wahl der Aktion im ersten Schritt ist also immer eine Reaktion nicht möglich. Als Aktionen steht grundsätzlich eine Austreibung zur Verfügung, das sich Verstecken (oder das Drehen eines Heimvideos), sowie die Behinderung oder ein Bußgang.

Im vierten Schritt findet dann die Austreibung statt. Hierbei kann jeder, der im dritten Schritt eine Austreibungs-Reaktion gespielt hat, teilnehmen, außerdem können (nur) diese Spieler die Austreibung mit Recherche-Karten einfacher machen, Störer von der Polizei einkassieren lassen, andere Charaktere über psychologische Gutachten disqualifizieren und so weiter. Dann würfeln alls, die nicht versteckt sind, einen Würfel. Die Teilnehmer, die eine Exorzismus-Aktion gespielt haben, nehmen den vollen Wert, alle anderen den aufgerundeten halben Wert (also effektiv einen W3). Die Exorzismus-Würfel plus die Recherche-Boni und Charakterboni etc. müssne mehr ergeben als der Widerstand des Dämons plus ggfs. Störerwürfel, Charakterboni hierzu etc., damit die Austribung erfolg hat. Aber: nicht jeder Teilnehmer ist daran interessiert, dass sie Erfolg hat!

Nach jeder Austreibung werden die Dämonen auf die teilnehmenden Exorzisten verteilt. Hierbei darf/muss der Spieler, der die meisten Punkte zum Vertreibungsversuch beigetragen hat, als erster wählen. Erfolgreich vertriebene Dämonen liefern ihren Widerstandswert als Punkte des Guten, nicht erfolgreich vertriebene Dämonen liefern ihren machtwert als Punkte des Bösen. Da die Punkte immer obenan auf der Karte stehenh - links die Widerstandswerte, rechts die Machtpunkte - können die Karten so unter den Charakterausweis gelegt werden, dass man sofort sieht, wie viele Punkte der einzelne Spieler gesammelt hat.

Im fünften Schritt wird jetzt geprüft, ob ein Spieler seine Siegbedingungen erfüllt. Es ist ohne weiteres möglich, dass ein Spieler früher in der Runde die Bedingungen erfüllte, aber jetzt eben nicht mehr, weil er Punkte verloren hat, oder weil ihm ein ausgetriebener (oder auch nicht) Dämon die Auslage wieder 'zerschießt'.

Der sechste Schritt ist dann das 'Einkaufen'. Für jeden Charaklter gibt es eine Objektkarte, die nur er verwenden kann, außerdem gibt es drei allgemein nutzbare Karten. Für bislang nicht verwendete Recherchekarten kann man Objektkarten erwerben.

Im siebten und letzten Schritt werden dann die Aktionskarten wieder auf die Hand genommen, bevor die nächste Runde beginnt.

Das Spiel hat an zwei Stellen kleine 'Gotchas'. Zum einen sind die Aktionen, wie bereits gesagt, nicht gleichwertig. Beispiel: die Aktion 'Beten': hierbei wird ein Würfel geworfen. Je nach Charakter darf man bei einer 6 oder einer 5-6 zwei Dämonenkarten abwerfen, be einer 1 heisst es zwar immer 'Zweifel nagen an Dir' und es wird eine Dämonenkarte gezogen, aber diese kommt z.B. beim Houngan auf die Seite mit der Macht Gottes, beim Exorzisten auf die Seite des Bösen, beim Psychologen auf die Seite mit der höheren Punktzahl, bei der exkommunizierten Nonne auf die Seite mit der niedrigeren Punktzahl... Derartige kleine Unterschiede tauchen immer wieder auf, so dass man schon aufpassen muss, damit nicht etwas falsch getan wird.

Das andere Gotcha sind die begrenzten Objektkarten. Die Karte mit dem 'eigenen' Objekt ist sicher, aber gerade zu Spielbeginn wird man sich wohl eher auf die 'frei verfügbaren' Karten stürzen - was zum Nachteil derjenigen ist, die grundsätzlich immer einen Exorzismus benötigen: der Exorzist zum Beispiel darf für seinen Sieg keine bösen Machtpunkte haben, ist also zumindest zu Spielbeginn fast schon gezwungen, Exorzismen zu versuchen (die wiederum die Handkarten vermindern, mit denen er Objekte kaufen könnte...).

Das Spiel ist anscheinend nahezu ausgeglichen. In den Testspielen schnitten bei uns die 'ausgeglichenen' Charaktere ein winziges bisschen besser ab als die, die zum Sieg eine hohe Macht Gottes resp. weine hohe Macht des Bösen nötig haben. Die Unterschiede waren aber nur graduell. Die Spielregel enthält auf jeden Fall zwei Zusammenstellungen für 3 Spieler, die für ausgewogenere Ergebnisse sorgen.

A propos Spielregel: auf der Webseite von Sphinx Spiele ist auch eine Englischsprachige Version (PDF) verfügbar, wie auch die Textkarten, - allerdings ist ein Absatz in dern Spielregeln nicht übersetzt...

Wer von der Aufmachung her ein witziges Spiel erwartet ('Achtung, dieses Spiel enthält zahlreiche furchtbare Dämonen....' - 'Achtung, dieses Spiel enthält Exorzisten, ein Kruzifix...'), täuscht sich. Es ist ein sehr nettes Spiel mit starken Bid-n-Bluff-Tendenzen, das trotz Würfeln und Karten sehr wenig Glücksabhängig ist, sondern viel mehr davon lebt, wie gut man seine Mitspieler lesen kann und ihre Züge vorhersieht. Und zu dem Preis, zu dem man es erhalten kann, ist es ein Schnäppchen.



Hersteller Sphinx Spieleverlag
Autoren Henning Poehl
Sprache Deutsch
Spieler 3-6
Denken 7
Glück 5
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 11,90 €

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