x Roachware: Wenn der NSC ein Geheimnis hat

Mittwoch, 4. Januar 2012

Wenn der NSC ein Geheimnis hat

Pflege und Versorgung geheimnisvoller NSCs

Die Blogs von RSP-Blogs.de haben eine Aktion gestartet, die 'RSP-Blog-Karneval' heisst. Dabei sind alle teilnehmenden Blogs aufgerufen, im Rahmen eines Monats ein Blogposting mit einem bestimmten Grundthema zu veröffentlichen, und dieses Posting dann im Rahmen des Karnevals zu melden. Dieses Thema ändert sich jeden Monat, mit einem neuen Blog als Organisator des neuen 'Umzuges'. Nachdem im Dezember das Thema Moral im Rollenspiel verhandelt wurde, ist es diesen Monat das Thema Tarnen, Täuschen, Verp äh, nein, Verkleiden, Lügen, Täuschen. Und das ist ein Thema, das einem Cthulhu-Spielleiter wie mir sowieso immer am Herzen liegt – schon alleine die Frage: was mache ich, damit die Geheimnisse des NSCs weder zu offensichtlich noch zu versteckt sind? Mit anderen Worten: dies ist ein Artikel, der sich in erster Linie an die Spielleiter richtet.

Wir kennen das alle: ein NSC benimmt sich nach Ansicht des Spielleiters bereits sehr verdächtig, aber die Spieler sitzen da und reagieren überhaupt nicht darauf. Das kann verschiedene Gründe haben, und um sie zu unterscheiden, muss man schon wissen, wie gut die Spieler die Welt und den Spielleiter kennen.


Beides ist wichtig, außerdem ist natürlich auch wichtig, wie gut der Spielleiter die Welt kennt: wenn die Spieler wissen, dass die Weltkenntnis des Spielleiters eher im rudimentären Bereich anzusiedeln ist, werden sie 'verräterische' Aktionen der NSCs eher auch Unkenntnis des Spielleiters zurückführen.

Aber ähnliches gilt natürlich auch für die Frage: wie welt- und regelfest sehen die Spieler mich als Spielleiter eigentlich? Wobei es bei Charakteren mit Geheimnissen (und ich unterstelle hier einmal ganz allgemein, dass das Ziel nicht ist, dass das Geheimnis als solches unerkannt bleibt) wichtig ist, dass der Spielleiter als weltfest eingestuft wird.

Ich habe dieses Basisproblem gerade auf Cons (als Spieler) immer wieder erlebt: ich bemerke, dass ein NSC sich seltsam verhält, und frage mich unwillkürlich 'weiß der Typ hinter dem Schirm es einfach nicht besser?' Jetzt spiele ich allerdings auch meist Charaktere, die derartige Verdachtsmomente nur aussprechen, wenn in der Gruppe sowieso darüber gesprochen wird – oder wenn der Charakter sich seiner Sache absolut sicher ist. Ein paar Leute, die mich gut kennen, bemerken das inzwischen daran, dass ich plötzlich sehr ruhig da sitze und den Spielleiter lange und intensiv betrachte – und dann gegebenenfalls eine Notiz schreibe im und dem Spielleiter auf einem Zettel zuschiebe. Allerdings kenne ich inzwischen auch ein paar Spielleiter so gut, dass ich auf den Zettel verzichten kann. Bei einem 'Neuling', oder einem Spielleiter, den ich nicht gut kenne, hat mir dann die Zettelmethode meist weiter geholfen.

Für den Spielleiter ist es, wie man hieraus erkennen kann, wichtig, dass er als weltfest gilt. Ansonsten würde eine 'Spur' bei vielen Spielern dazu führen, dass sie als 'der Spielleiter weiß nicht, was er tut' abgespeist. Auch so etwas ist mir – vor vielen Jahren – einmal passiert: Das System war AD&D (2nd Ed.), und ein NSC benahm sich seltsam (ein Paladin, der offensichtlich log). Statt dass man sich fragte, wieso macht der das, war nur das Geschrei groß, dass das so absolut nicht zum Paladin passe, und die Gruppe brach das Abenteuer ab. Nachdem klar war, dass das Abenteuer nicht mehr funktionierte, hatte ich dann nur eine Frage an die Spieler: Was würde eventuell einen Paladin doch dazu bringen zu lügen? Offensichtlich kannte man nicht einmal die Geschichte von Sankt Martin (mit der Notlüge 'ich habe noch einen Mantel'), und antwortete 'Nichts'. Dumme Gesichter, als ich nur meinte: 'Nicht einmal ein direkter Befehl seiner Gottheit, weil es einem höheren Zweck dient?'

Aber auch die Weltkenntnis der Spieler muss berücksichtigt werden. Wenn die Spieler bestimmte Details nicht wissen – oder leicht übersehen –, muss man als Spielleiter damit Rechnung halten, wenn man will, dass die Spieler auf die Idee kommen. Cthulhu bietet in solchen Fällen ja noch den Ausweg eines Wissens- oder Ideen-Wurfes, nach dem man die Spieler eventuell in die richtige Richtung lenken kann, aber auch dann ist es für die Spieler nicht so schön wie wenn sie selber dahinter gekommen sind.

Wenn man also nicht sicher ist, wie weltfest die Spieler sind – und wie gut sie Unstimmigkeiten bemerken –, ist es oftmals sicherer, wenn man für dies Geheimnis sowohl einen Weg hat, den man begehen kann, wenn die Spieler aufmerksam sind, wie auch einen Weg für die unaufmerksamen Spieler. Auch hierzu ein Beispiel aus einer Runde, die ich geleitet habe.

Die Gruppe (DSA) war auf der Jagd nach einer Gruppe Anhänger des Namenlosen. Irgendwann während der Jagd erhielt sie einen Brief vom örtlichen Efferdtempel, mit blauem Siegelwachs gesiegelt, in dem die Gruppe zu einer Unterredung in ihrem Fall gebeten wurde – um den Anhängern des Namenlosen zu entgehen, in einem Haus in der Altstadt. Die Gruppe wunderte sich: blaues Siegelwachs? Aber blau ist ja die Farbe des Meeres, also ging man hin – und stolperte prompt in eine Falle: man fand eine Leiche eines reichen Patriziers – und die Stadtwache die Gruppe am Ort des Geschehens. Als man der Stadtwache den Brief zeigte, wunderte man sich, dass die Wache den Brief ansah und laut loslachte. Und die Gesichter veränderten sich nochmal, als die Stadtwache nur fragte, wie denn die Efferdkirche – der ja Feuer und offene Flammen verboten sind – das Siegelwachs zum Schmelzen gebracht haben sollte. (Die Efferdkirche – so stand es damals auch in einem Abenteuer oder Regelbuch – benutzt nur Stempel.) Ich hatte natürlich sowohl eine Option, was nur geschah – die Helden mussten natürlich ihre Unschuld beweisen –, aber auch wenn die Helden den Braten gerochen gehabt hätte, hätte ich entsprechende weitere Begegnungen vorrätig gehabt, wie das Abenteuer weitergehen konnte.

Man darf die Spieler aber nicht über- und nicht unterschätzen. Vor allem sollte man aber nicht, wenn man nicht sowieso schon für die Eigenheiten der NSCs (und die Tatsache, dass man sie konsistent ausspielt) bekannt ist, versuchen, unterschwellige Spuren zu legen (so etwas wie die Tells beim Pokern). Auch einem guten Spieler entgeht in der Regel, dass ein bestimmter NSC immer, wenn er eine Lüge erzählt, erst kurz an der Augenbraue kratzt, oder dass er die (gut geplanten und daher vorbereiteten) Lügengeschichten nicht mit dem ansonsten bei jedem vierten Wort vorkommenden 'äh' unterbricht – letzteres wird eher sogar angesehen als 'das ist wichtig fürs Abenteuer, sonst wüsste der Spielleiter das nicht so gut'.

NSC mit Geheimnissen können also funktionieren – aber am besten funktionieren sie natürlich, wenn die Spieler und der Spieler welt- und regelfest sind, und dies auch voneinander wissen.

2 Kommentar(e):

Jan hat gesagt…

Das Beispiel mit dem blauen Siegelwachs ist ein gutes Beispiel wie die (über)detaillierte Welt von DSA auch mal richtig hilfreich sein kann. Ich empfinde das sonst immer als eher hinderlich. Aber grundsätzlich zwei sehr schöne Beispiele und gute Informationen zum Thema. Die Beispiele machen es auf jeden Fall einfacher die Grenze zwischen "zu offensichtlich" und "zu subtil" zu finden.

Teilzeitheldin hat gesagt…

Schöner Artikel zum Thema :) Die Gratwanderung zwischen "zu subtil" und "zu offensichtlich" ist nicht immer einfach, das muss ich auch sagen. Ich kenne es allerdings nur aus Spielersicht, wenn meine Charaktere Gehemnisse haben - diese sollen ja auch nicht gleich entdeckt werden, man muss seinen Mitspielern aber auch immer eine faire Chance geben, sie zu lüften.