x Roachware: Auf ein Neues

Montag, 10. Oktober 2011

Auf ein Neues

NOVA

Schon seit der RPC 2008 kenne ich Nova, ein Rollenspielsystem aus Deutschen Landen, das von Daniel Scolaris entwickelt wurde. Schon in der Besprechung der RPC hatte ich das System erwähnt, das damals noch im Beta-Stadium verkehrte. Seit einigter Zeit liegt jetzt die fertige Version bei mir - hat ziemlich lange gedauert, die Rezension zu schreiben, auch weil das System ein ziemlicher Brocken ist. Die Seitenzählung endet erst knapp unter der 500 - das ist ein Format, das erst einmal bewältigt werden will.

Das Buch - das inzwischen ausverkauft ist, aber eine sehr günstige PDF ist immer noch erhältlich, eine Überarbeitung ist angekündigt - wirkt schlicht aber edel. Da der Band verglichen mit vielen anderen neuen Systemen ziemlich dick ist, stellt sich natürlich als erstes die Frage: ist das denn alles wirklich nötig? Und: ist es denn wenigstens komplett, wenn ich schon so viel durchgearbeitet habe, oder benötige ich dann noch das Raumschiffhandbuch, das Alienhandbuch, das Schiffswaffenhandbuch, das Handwaffenhandbuch... alles in demselben Format, und zu ähnlichen Preisen? Auf diese Frage gleich hier und jetzt die Antwort: das Buch ist komplett - es ist kompletter als fast alles, was ich anderswo gesehen habe.


In flüssig geschriebenen, gut zu lesenden Texten wird hier alles zusammengefasst, was man als Spieler oder auch als Spielleiter nötig hat, um in der Welt des 27. Jahrhunderts zu spielen. Trotz der Dicke des Buches wird es unterteilt in nur drei 'Kapitel' - andere Regelwerke hätten diese wahrscheinlich auch in einem Band als 'Bücher' bezeichnet und kleinere Kapitel angesetzt. Aber seltsam - diese Unterteilung wirkt irgendwie dennoch ganz natürlich.

Im ersten Kapitel - Genesis - findet man eine Geschichte des Universums von Nova. Hier wird allerdings nicht nur der geschichtliche Überblick knapp zusammengefasst widergegeven, sondern auch die verschiedenen Rassen zusammengestellt, mit Kurzbeschreibungen und -charakteristiken. Direkt anschließend (und immer noch im ersten Kapitel) kommt dann die Charaktererschaffung. Hierbei gibt es eine Art Kaufsystem: jeder Charakter hat ausgehend von der Rasse bestimmte Basiswerte, die anschließend über erste Erfahrungspunkte modifiziert werden können.

Hierbei gilt es dann nicht nur die Eigenschaften (je fünf physische und psychische) zu verbessern, sondern auch das persönliche Training in den verschiednsten Wissens- und Fertigkeitsgebieten nicht zu vernachlässigen. Hierbei muss einiges gerechnet werden: arithmetische Mittelwerte werden immer wieder notwendig, sowohl als Werte aus zwei, drei oder auch vier anderen Werten. Auch wird an einer Stelle durch Zahlen zwischen 1 und 2 geteilt - Kopf- oder Taschenrechner haben hier einen Festtag. Die Kenntnisse werden dann ggfs. noch durch Module personalisiert. Alles in allem ist ein Anfänger gut und gerne eine Stunde und mehr weiter, wenn er seinen Charakter fertig hat; mit ein wenig Routine wird das natürlich schneller, und die Erstellung geht deutlich leichter von der Hand als beispielsweise beim Schwarzen Auge oder bei Rolemaster. Es fällt auf, dass die meisten Wissens- unf Fertigkeitswerte direkt von den Eigenschaften abhängen (i.d.R. der Mittelwert aus zwei Eigenschaften), wodurch den Eigenschaften ein ziemlich großer Stellenwert zukommt. Allerdings sollte man sich nicht rein mechanisch darauf verlassen, dass eine Eigenschaft, die in der Kenntnisse-Liste selten auftaucht, auch weniger entscheidend sein kann - Mut taucht nur einmal auf, wird aber ausgerechnet im Kampf benötigt, sowie für die Bestimmung der Initiative, und die Kondition, die hier überhaupt nicht auftaucht, ist selbstverständlich von äußerster Wichtigkeit, wenn es darum geht, wie viel Schaden man aushält...

Bei der Wahl der Alienrassen und ihrer Beschreibung fällt schnell auf, dass sie wesentlich tiefergehend anders sind als in vielen SciFi-Welten und -Romanen üblich. Der Vorwurf, den man oftmals machen kann, es handele sich beid en Aliens nur um 'Menschen in komischen Gummimasken' kann man hier wirklich nicht machen. Die Rassen sind zwar fremd, fühlen sich aber dennoch irgendwie 'richtig' an, sprich: man hat dennoch das Gefühl, man könne sie verstehen, auch wenn man selber nie in diesen Bahnen denken würde.

Für Leute, die es eilig haben, gibt es übrigens im Downloadbereich der Nova-Webseite einen Satz mit 15 Instant-Charakteren.

Das System ist sehr modular aufgebaut, wirkt aber wie aus einem Guss. Man het es nicht mit völlig unterschiedlichen Würfelmechanismen zu tun, wenn man kämpfen, nachforschen oder etwas anderes tun will, der Basis-Würfelmechanismus ist derselbe: man würfelt eine gewisse Anzahl W6, addiert oder subtrahiert noch einzelne Modifikatoren (die aber überschaubar bleiben), und will ein möglichst hohes Ergebnis erreichen. Eigenschaften und Fertigkeiten werden, wie gesagt, als reine Zahlenwerte angegeben, aber in der Zahl versteckt sich bereits der Würfelwurf: man teilt den Wert durch 4 und erhält eine Würfelzahl und einen Modifikator (den Rest): aus 11 wird so zum Beispiel 2W+3.

Wer das kurz durchrechnet, wird eine gewisse Ähnlichkeit zum W6-System (wie beispielsweise beim Star-Wars-System von WEG) nicht abstreiten können. Allerdings war die Überraschung der Macher, als ich sie darauf ansprach, zu groß um gespielt zu sein, und der Mechanismus weicht weit genug ab, dass man mit Fug und Recht von einem eigenständigen System sprechen kann (nur als Beispiel: beim W6-System ist der Schwellenwert für den nächsten Würfel bereits 3, es gibt deutlich weniger Fertigkeiten, das System spielt sich auch durch die Machtpunkte etc. ganz anders.)

Das 2. Kapitel, in dem es dann nicht um die eigentlichen Regeln geht, sondern um das Universum, wirkt ebenfalls gut durchdacht. Man merkt, dass hier eine Menge Herzblut und Kennntnis eingeflossen sind, so dass das ganze sehr ansprechend wirkt. Da manch eine Kampagne auch davon lebt, das Universum näher zu erforschen, will ich hier lieber gar nicht erst viel zu diesem Thema schreiben.

Erst im dritten Kapitel kommen dann die Detailregeln und 'Module', die entsprechend dem bereits angesprochenen modularen Aufbau auch als Einzelstücke verwendet werden können. Hier findet man dann auch die Kampfregeln, Raumschiffe, Kybernetik, Bioware (dürfte wohl besser beschreiben, was hier als 'Mutationen' bezeichnet wird: biologische Verbesserung eines bereits existierenden Körpers) und so weiter. Auch hier wird noch einiges Rechenwerk notwendig: der Schaden, den man erzielt, hängt u.a. vom Unterschied ab zwischen dem Angriffs- und dem verteidigungswurf, und kann zwischen 25% und 100% des Basisschadcens betragen. Wie schon gesagt: Kopfrechner und Minicomputer (oder auch Handys mit Rechner oder Smartphones) sind eine angenehme Erweiterung der Runde...

Dennoch spielt das System sich, wenn man einmal verstanden hat, wie der Basismechanismus funktioniert, ziemlich flüssig und rund. Die mitgelieferte Welt ist auch ein Juwel, und alleine bereits die Anschaffungskosten wert. Für jeden, der ernsthafte (also nicht Richtung Space Opera oder Pulp gehende) Science Fiction spielen will, ist Nova sicher eine Empfehlung.

Der Herausgeber unterstützt das System auch ganz gut: neben den genannten Charakterbögen gibt u.a. drei Abenteuer auf der o.g. Webseite zum Download, aber auch Charakterbögen, ein Würfeltool und so weiter. Das Würfeltool ist ein Windows-Programm, man kann allerdings hoffen, dass es auch mal als App erscheinen könnte.




HerstellerNova
VertriebPrometheus Games
AutorenDaniel Scolaris
Spieler RPG
Denken RPG
Glück RPG
Geschicklichkeit RPG
Preis 45,90 € (Druck, ausverkauft), 9,90 (PDF)

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