Von den Alveraniaren wird besonders gute Regelkenntnis und vor allem Kenntnis des Hintergrundes und der aktuellen (Meta-)Plotentwicklungen in Aventurien erwartet. Daher ist es auch nicht überraschend, dass ihre Abenteuerangebote auf Cons immer sehr begehrt sind, hat man doch selten eine Gelegenheit, einmal mit einem "Offiziellen" zu spielen. Leider führte das auf einigen Cons zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, Fälschungen und Leichtverletzten, so dass heutzutage Alveraniare nur noch leiten, wenn die Rundenteilnahme unter den Interessenten verlost wird – mit dem auf den meisten Cons üblichen "Wer zuerst einträgt, hat den Platz" hat man zu schlechte Erfahrungen gemacht.
Da nach einiger Zeit die Abenteuer, die die Alveraniare leiten, nicht mehr aktuell sind, wurden Fragen laut, ob man die Abenteuer nicht danach für die Öffentlichkeit verfügbar machen könne. Einige Abenteuer wurden auf der Webseite der Alveraniare zum Download angeboten, aber auf dieser Webseite ist seit über einem Jahr kaum noch Inhalt zu finden – eine Zeit lang linkte sie durch zur Ulisses-Seite, und zur Zeit findet man dort nur ein Foto, das auch schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr stimmt (Pete "Aves" ist schon lange nicht mehr dabei, man vermisst auf dem Foto u.a. Timo und Michael M.). Stattdessen gibt es jetzt den Abenteuerband Nr. 162 Die Gesichtslose und andere Abenteuer. (Kleine Anmerkung: auf dem inneren Titel werden alle Alveraniare mit ihrem Alveraniarsnamen genannt, mit Ausnahme von Stephan Feger – in der Tabelle unten habe ich das korrigiert)
Insgesamt sind in diesem Band vier Abenteuer zu finden, Die Gesichtslose, Funkenflug, Die Knaope von Ylbakis und Nächtlicher Schrecken. Aus dem Klappentext:
- Die Gesichtslose: Im Shadif häufen sich Überfälle merkwürdiger Echsenwesen auf menschliche Siedlungen. Die Spuren führen in die geheimnisvolle Silem-Horas-Bibliothek zu Selem.
- Funkenflug: Eine elfische Adlige verschwindet auf einer wichtigen Mission, und die Anwesenheit eines Praios-Geweihten, der auf der Suche nach dem Ewigen Licht ist, macht es nicht einfacher, ihre mysteriöse Spur zu verfolgen.
- Die Kanope von Yilbakis: Die Helden finden einen tödlich verletzten Novadi-Krieger, der ihnen im Sterben das Versprechen abnimmt, eine Kanope nach Rashdul zu bringen.
- Nächtlicher Schrecken: In einem kleinen Dorf unweit von Fasar werden nach mehreren aufeinanderfolgenden Nächten blutleere Tiere gefunden. Sollte sich ein Vampir hier angesiedelt haben?
Das erste dieser Abenteuer ist eigentlich ein Prolog zum Abenteuer Gefängnis der Jahre aus dem Abenteuerband Karawanenspuren. Letzterer ist bereits 2005 erschienen, was Rückschlüsse auf das Alter des Abenteuers Die Gesichtslose zulässt. Da ein drei Jahre altes Abenteuer auch in vielen Gruppen bereits gespielt sein dürfte, findet man auch einige Hinweise, wie man die Gesichtslose als alleinstehendes Abenteuer spielen kann.
Auffällig in diesem Abenteuer ist, dass zwar die Motivation der Haupt-NSCs gut herausgearbeitet wurde, man sich als Spielleiter aber unwillkürlich beim Durchlesen fragt: was haben die SCs davon? Da ist ein Charakter X, der zu Beginn für eine Reihe Überfälle verantwortlich zu sein scheint, was sich aber später als unrichtig herausstellt. Dennoch verspricht er, etwas dagegen zu unternehmen, wenn die Helden ihm etwas besorgen. Diese Überfälle machen im ersten Teil des Abenteuers die Hauptmotivation für die Spieler aus, werden aber, sobald X auftaucht, in den Hintergrund gerückt – von wo sie auch nicht mehr auftauchen. Hinterher fragt man sich unwillkürlich, ob das denn jetzt funktioniert hat oder nicht. Und was geschehen könnte, wenn die Spieler X weitergehend hinterfragen – auch hier wird der Spielleiter alleine gelassen.
Dennoch ist das Abenteuer in sich recht stimmig, und viele Spielergruppen werden diese Verschiebung des Fokus auch wohl nicht bemerken. Das Abenteuer bietet aber einige interessante Szenen für Selem und Umgebung, eine Stadt die für viele Spieler eine große Anziehungskraft besitzt.
Funkenflug habe ich selber (auf dem ersten KingCon) gespielt. Es verknüpft gekonnt lose Fäden aus der Simyala-Kampagne, dem Schicksal der Gräfinnen von Waldstein, dem Jahr des Feuers und der Quanionsqueste. Für Charaktere, die sich im Jahr des Feuers in Auraleth unbeliebt gemacht haben, könnte das Abenteuer ein Problem sein, denn man wird diese Feste wieder besuchen.
Auffällig ist allerdings, dass hier – eine Seltenheit beim Schwarzen Auge – einer der Haupt-NSCs, obwohl hochrangiger Praiosgeweihter, durchaus zugänglich ist, und das Bild vom Klischee-Praioten glaubhaft und effektiv konterkariert.
Abgesehen von ein paar Stellen, an denen den Charakteren eine Menge Seil gegeben wird, damit sie sich selbst darin aufhängen läuft das Abenteuer ziemlich gut, und hat mir auch viel Spaß gemacht.
Die Kanope der Yilbakis (hier irrt der Klappentext: Yilbakis ist kein Ort sondern der Name einer Person) führt die Helden auf eine Räuberjagd durch das Mhanadital bis nach Khunchom und ins Mhanadidelta.
Sehr ungewöhnlich für ein 'offizielles' Abenteuer ist, dass es sehr offen ist – die Helden haben einige Male die freie Auswahl, was sie tun, und wie sie vorgehen. Dass dies für den Spielleiter nicht ganz einfach ist, ist klar, aber gibt diesem Abenteuer einen gewissen zusätzlichen Reiz. Ob und inwieweit diese Entscheidungen der Helden später noch Auswirkungen haben, muss der Spielleiter allerdings auch selber entscheiden. Die Atmosphäre der Tulamidenlande wird in diesem Abenteuer sehr gut eingefangen, und man kann hier sogar Gegenspielern begegnen, die nicht unbedingt sofort bis zum Tode kämpfen.
Nächtlicher Schrecken schließlich beginnt und endet in Fasar. Zwar wird hier das wichtigste zu der Stadt erwähnt, aber bei einer Stadt dieser Größe ist es unvermeidlich, dass die Stadtbeschreibung aus dem Regionalband hier wichtige Hilfe leisten kann. Das Abenteuer spielt gekonnt mit einigen Vorurteilen und Klischees, wenn es auch ziemlich geradlinig abläuft. Allerdings: wenn die Charaktere sich entschließen, dem Dorf zu helfen, in dem ein Vampir Schafe aussaugt, entwickelt alles weitere sich ziemlich logisch und von selbst.
Wie bei offiziellen Vertretern zu erwarten, sind keine Abweichungen vom sonstigen (Quellen-)Material zu finden, die Welt Aventuriens wird gut umgesetzt. Als Sammlung von vier Abenteuern, die auch im heutigen Aventurien noch so stattfinden können, ist der Band hervorragend geeignet.
Hersteller | Ulisses Spiele
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Autoren | Elias "Golgari" Moussa, Partick "Swafnir" Fritz, Daniel Simon "Naclador" Richter, Stephan "Bishdariel" Feger |
Spieler | RPG |
Denken | n/a |
Glück | n/a |
Geschicklichkeit | n/a |
Preis ca. | 11 € (Buchpreisbindung)
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