x Roachware: Lektion in Kapitalismus

Dienstag, 22. November 2011

Lektion in Kapitalismus

Masters of Commerce

Wenn man etwas sieht, das in leuchtendem Orange eingepackt ist, liegt der Gedanke nahe, dass es sich um ein Niederländisches Produkt handelt – nicht nur die Fußballmannschaft bevorzugt oranje als kennzeichnende Farbe. Wer aber vermutete, dass die vielen orangefarbigen Rucksäcke auf der letzten SPIEL, in denen immer dasselbe Spiel steckte, von einem niederländischen Verlag herausgebracht wäre, lag ziemlich daneben: Grouper Games kommt aus Utah.

Das Spiel fiel aber nicht nur durch die aufdringlichen Rucksäcke auf. Es schien dem nichtsahnenden Messebesucher auch ziemlich laut zu sein, und es saßen immer sehr viele Spieler am Tisch. Das war auch richtig so, denn Masters of Commerce ist ein Spiel, das für große Spielgruppen gedacht ist, und dennoch versucht, ein taktisches Spiel zu sein, und nicht etwa ein Partyspiel. Um zu vermeiden, dass man große Gruppen aufteilen muss oder nur Partyspiele zur Auswahl hat, die eben nicht jedermanns Sache sind, will Grouper Games in Zukunft noch mehr derartige Spiele produzieren.


Wer die große, quadratische Schachte öffnet, wundert sich allerdings zunächst einmal, denn nichts in der Schachtel – außer dem Text in der Spielanleitung – deutet darauf hin, mit welchen Spielerzahlen es gespielt werden kann: es ist ein Spiel für drei bis elf Spieler, wobei das Spiel für drei bzw. vier Spieler eher der Sonderfall ist mit Spezialregeln.

Das Material jedenfalls sieht aus wie für ein normales (Euro-)Spiel. Man findet in der Schachtel:

  • die Spielregel in Englisch (eine Deutsche Regel ist als PDF zu downloaden
  • ein Marktbrett
  • vier Markierungssteine
  • 60 Händlerchips, in sechs Sätzen mit je zehn Chips
  • 39 Grundstücksplatten plus 7 Platten mit Grundstücken für doppelte Werte
  • vier Spezialwürfel
  • 5 Marker 'Exclusiv'
  • 5 Marker 'Pfand'
  • Spielgeld (ich habe die Scheine nicht nachgezählt)
  • 5 Markierungsstifte
  • eine Sanduhr

Die Grundstücksplatten und das Marktbrett sind sehr stabil und plastifiziert, die Markierungssteine sind aus durchsichtigem Plastik. Die Händlerchips sind ebenfalls aus Plastik, und für jeden Händler mit einem anderen Symbol markiert (Kuh, Schuh...). Das Geld ist nicht so zigarettenpapierdünn wie man es von vielen anderen Spielen leidvoll gewohnt ist, sondern vernünftig stabil. Die Spezialwürfel sind mit einer Ausnahme gut lesbar: der gelbe Würfel wäre besser mit schwarzen Markierungen versehen worden. Die Stifte sind trocken auswischbare Stifte, so wie sie u.a. auch in Pictomania oder Backseat Drawing zu finden sind. Zuguterletzt die Sanduhr: Laut Spielregel soll sie zwei Minuten laufen – und die Uhr in unserem Rezensionsexemplar läuft auch nahezu genau diese Zeit: 2:01 Minuten.

Das Spielmaterial zeigt also keine Anzeichen, dass es für mehr als drei, vier Spieler geeigent sei – aber drei und vier Spieler stellen eher den Sonderfall dar. Je mehr Spieler, desto interessanter soll das Spiel sein...

Zunächst einmal werden die Spieler gleichmäßig verteilt in Vermieter und Unternehmer. Die Vermieter erhalten einen Teil der Drundstücksplatten zufällig zugewiesen, anschließend beginnt das Spiel. Jede Runde (/es gibt insgesamt fünf Runden) besteht aus denselben fünf Schritten:

1) Verhandlungen über Mieten. In nur zwei Minuten müssen Unternehmer und Vermieter zu Verträgen kommen, für wie viel Geld in dieser Runde die Grundstücke an die Unternehmer vermietet werden sollen. Nur Verträge, die in den zwei Minuten komplett abgeschlossen werden (einschließlich Eintrag des Mietbetrages auf der Grundstücksplatte und Platzieren des Markers des Unternehmers), gelten.

2) Die Erträge für die Unternehmer werden ausgewürfelt. Hierbei verändern die Erträgeauf den verschiedenen Grundstückssorten unterschiedlich schnell, was durch die verschiedenen Würfel angezeigt wird. Effektiv ist eine Grundstückssorte so variabel, dass sie jede Runde vom maximalen bis zum minimalen Ertrag (Verlust) alles erwirtschaften kann, eine andere verändert den Eintrag nahezu gar nicht.

3) Die Unternehmer erhalten ihre Erträge und zahlen die Mieten an die Grundstücksbesitzer.

4) Die Grundstücksbesitzer zahlen Steuern.

5) Es werden ein paar zusätzliche Grundstücke versteigert (nicht in der letzten Runde).

Das war es bereits. Wer nach fünf Runden das meiste Geld als Unternehmer bzw. als Vermieter verdient hat, gewinnt (es gibt also zwei Sieger: einen Unternehmer und einen Vermieter).

Die Begrenzung der Verhandlungsrunden auf nur zwei Minuten ist ziemlich knapp, oftmals werden Verhandlungen durch Zeitablauf unterbrochen, und es wird schwierig, alles beizeiten zu vermieten. Man muss also darauf achten, dass man nicht in der Eile ein ungünstiges Geschäft abschließt.

Durch die zufällige Entwicklung ist auch die Gewinnsituation schwer abzuschätzen, aber mit Ausnahme des roten Würfels (also des Würfels mit der größten Variation) kann man zumindest ungefähre Einschätzungen wagen. Im Endeffekt hängt der Erfolg also sowohl vom Würfelglück wie vom Verhandlungsgeschick ab.

Mir gefällt das Spiel ganz gut, auch wenn es schweirig wird, entsprechende Spieleranzahlen an den Tisch zu bekommen. Wer aber häufiger große Gruppen versorgen muss, hat hiermit sicher ein gutes Spiel zur Hand, das das ewigen Partyspiele-Einerlei auf angenehme Weise unterbricht. Auch dauert eine Partie duirch die Beschränkung der Verhandlungszeit nicht lange: nach 30-45 Minuten ist das Spiel meist schon zu Ende.

HerstellerGrouper Games
AutorBritton Roney
Spieler 3 - 11 (am besten ab 8 Spieler)
Denken 8
Glück 7
Geschicklichkeit 3 (Schnellschreiben und Platzieren der Token, damit die Verträge rechtzeitig abgeschlossen werden)
Preis ca. US-$ 39,99 (Vorverkaufspreis in Amerika - Europäische Preise noch nicht bekannt)

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