x Roachware: Rauchende Colts

Donnerstag, 7. Juli 2011

Rauchende Colts

Deadlands: Battle for Slaughter Gulch

Wir schreiben das Jahr 1876, der Amerikanische Bürgerkrieg ist im vollen Gange, und es sieht nicht so aus, als würde er bald enden. Moment... 1876? Der Amerikanische Bürgerkrieg? Müsste der nicht schon mehr als zehn Jahre vorbei sein?

Ja, wären da nicht gewisse Dinge eingetreten, die aus dem Wilden einen Verrückten bzw. Unheimlichen Westen machten. Dämonen - bekannter als Vergelter und Manitus - machen das Land unsicher, Huckster zaubern, indem sie ihnen Dienste im Glücksspiel abgewinnen, verrückte Wissenschaftler bauen aus Geisterstein mehr als merkwürdige Apparate, und so weiter. Das ist die Hintergrundwelt des Rollenspiels Deadlands - und des Brettspiels Deadlands - Battle for Slaughter Gulch, das der Amerikanische Verlag Twilight Creations herausgebracht hat. Sechs Parteien versuchen, die Kontrolle über die Stadt Slaughter Gulch zu übernehmen.


Das Päckchen ist eindruckweckend gut gefüllt, mit folgenden Teilen:


  • 36 "Dude figures", also Spielerfiguren
  • 20 Figuren für Städter (NPCs)
  • 6 Spielerschirme
  • 6 Karten mit den Parteien
  • 6 Stadtplaänen - verkleinerten Wiedergaben der 'großen' Stadt
  • 12 Spielfelder
  • 60 Handlungsmarker (10 pro Partei)
  • Marken für Untote und Zahlenmarker
  • 36 Zielkarten (6 pro Partei)
  • 16 Ereigniskarten
  • 30 Ausrüstungskarten
  • 18 Zauberkarten (6 für jede zaubernde Partei)
  • 6 Gerätekarten (verrückte Wissenschaftler)
  • 29 Begegnungskarten
  • Geisterstein
  • 6 sechsseitige Würfel
  • ein Regelheft in Englisch

Das Material sieht auf den ersten Blick hervorragend aus - hat aber auch seine Tücken. Die Spielerschirme sind arg klein geraten - sie sollen dazu dienen, dass man verdeckt seine Züge planen kann, sind aber so klein, dass die kleinen Stadtpläne kaum dahinter passen, und fallen auch sehr leicht um. Die Spielerfiguren unterscheiden sich in der Farbe (beige gegen weiss) zwar deutlich von den NSC-Figuren, sind aber selber leicht zu verwechseln. Die Füße/Standflächen wirken zwar klein, bieten aber ausreichend Stabilität - der Herausgeber kann hierbei ja auch auf ausreichend Erfahrung mit den Figuren von Zombies!!!, Humans!!! oder Martians!!! zurückgreifen. Leider werden sie in eingeschweißten Plastiktüten geliefert - Ziplocks wären schön gewesen, um sie vernünftig transportieren zu können.

Jeder Spieler übernimmt eine - ausgeloste - Partei in dem Kampf, als da wären: Texas Rangers (als Vertreter er Südstaaten), Die Agentur (Pinkerton, also Nordstaatler), Gesegnete (Priester), Huckster (Zauberer, die mit Spielkarten zaubern), Schamanen und Verrückte Wissenschaftler.

Es gibt insgesamt sechs verschiedene Bedingungen für ein Spielende, von diesen müssen drei erfüllt sein, damit das Spiel tatsächlich endet - aber eine bestimmte dieser Bedingungen (zu Spielbeginn wird ausgewürfelt, welche) beendet das Spiel auch alleine.

Die Stadt wird aufgebaut, dann verteilen die Teilnehmer sich in selbiger. Anschließend verläuft eine Runde immer gleich.

Zunächst einmal erhalten die Zauberer und verrückten Wissenschaftler eine Gelegenheit, einen Zauber / ein Gerät zu planen. Wenn bereits etwas geplant ist, reicht das aber. Dann kann jeder Teilnehmer für seine Spielfiguren Aktionen für die folgende Runde planen - geheim auf dem kleinen Stadtplan hinter dem (zu kleinen) Sichtschirm. Nachdem diese Planungen abgeschlossen sind, ziehen die Figuren auf die neuen Orte, aber bevor sie aktiv werden können, werden zwei Ereignisse aufgedeckt und finden sofort statt. Danach erst werden die Aktionen abgehandelt.

Aktionen gibt es eine Menge: man kann Geisterstein schürfen, kämpfen, jemanden ausrauben, NPCs rekrutieren, einkaufen und so weiter. Was men genau tun kann, steht jeweils auf den Sichtschirmen: ein Huckster kann beispielsweise zwar zaubern, aber eben niemanden verhaften, wohingegen ein Mitarbeiter de Agency genau umgekehrt verhaften aber nicht zaubern kann. In vielen Fällen erhält man für seine Aktionen Geisterstein, die Währung des Spiels und einer der Siegpunkteleferanten.

Wenn eine Spielfigur getötet wird, wird sie auf den Friedhof gebracht (wie es sich gehört), aber das heisst nicht, dass sie dort bleiben muss: die Untoten von Deadlands ('Harrowed') können ohne weiteres in einer Partei mitarbeiten - schließlich wissen sie es manchmal selber noch nicht einmal, dass sie untot sind.

So geht es munter durch die Stadt: man versucht, die SCs der anderen Parteien auszuschalten, die Kontrolle über Gebäude zu übernehmen (man muss hierfür die Mehrheit im Gebäude haben, und kann dann eine Spezialeigenschaft des Gebäudes verwenden), Geisterstein zu sammeln, indem man in der Mine schürft oder die Postkutsche überfällt, kleine Zwischenziele zu erreichen, und so weiter, bis irgendwann die Bedingung für das Spielende eingetreten ist. Dann werden Siegpunkte gezählt: für lebende Figuren, für den Geisterstein im Besitz, für kontrollierte Gebäude, für erreichte Zwischenziele, für erworbene Zauber, Gegenstände und Apparate. Wer die meisten Punkte hat, hat gewonnen (und darf sich Bürgermeister von Slaughter Gulch nennen).

Wenn das ganze ein wenig konfus wirkt: Die Spielregel unterstützt das nur noch. Man wird das Spiel sicher ein- bis dreimal spielen müssen, bis man die Regeln richtig 'drin' hat, und auch dann wird man immer noch von den besonderen Fähigkeiten der anderen Parteien überrascht werden. Hierbei hilft auch die Organisation und teilweise Undeutlichkeit der Regeln nicht weiter - nicht umsonst wird eine ausführliche FAQ (PDF) bei Twilight Creations zum Download angeboten.

Wenn man sich aber einmal eingearbeitet hat, ist Deadlands: Battle for Slaughter Gulch ein interessantes Brettspiel mit Rollenspielelementen. Manches Mal steht man aber auch dann vor Planungsunsicherheiten: da man nicht weiss, was die anderen Spieler in der Runde machen wollen, kann es sien, dass man ganze Runden damit verplempert, an den falschen orten die falschen Aktionen zu versuchen. Der Ort, wo man sich mit einem Huckster prügeln wollte, ist leider leer, weil der Huckster es vorgezogen hat, irgendwoanders hin zu gehen, oder der Versuch die Postkutsche zu überfallen schlägt fehl, weil das vermaledeite Ding nicht kommen will... Manchmal ist man doch arg vom Glück abhängig.

Die Spieldauer ist nur unwesentlich von der Anzahl der Spieler abhängig - das Spielvergnügen hingegen schon. Am besten spielt sich das - ein bis zwei Stunden dauernde - Spiel mit 3-4 Spielern: zu zweit begegnen die Figuren sich zu selten, bei noch mehr Spielern ist Planen nahezu unmöglich und werden die Wartezeiten zu lang.

Obwohl Rollenspielelemente vorhanden sind, kann man das Spiel auch als Nicht-Rollenspieler hervorragend spielen. Es gibt viele Tricks und Kniffe, die man ausprobieren kann, und wenn man seine Mitspieler kennt, kann auch der Bid-n-Bluff-Teil der Rundenplanung plötzlich ganz nützlich sein, weil man immer da auftaucht, wo die anderen einen gerade nicht gebrauchen können.

Wer die Einarbeitungszeit und -mühe nicht scheut, hat hier sicher ein Spiel, das oftmals aus dem Schrank geholt wird.


HerstellerTwilight Creations Inc.
Autor'Killer' Kerry Breitenstein und Todd A. Breitenstein
Spieler 2-6, ideal mit 3-4
Denken 7
Glück 6
Geschicklichkeit 0
Preis ca. € 45,00

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