x Roachware: Dienstbare Geister

Montag, 26. Dezember 2011

Dienstbare Geister

Tanto Cuore

Es gibt Spiele, da weiß man schon, wenn man sie auspackt, dass sie von den Testern mit hochgezogenen Augenbrauen beäugt werden. Manchmal liegt das am Material, manchmal an den Regeln – und manchmal am Thema. Ein hervorragendes Beispiel für letzteres bietet Tanto Cuore von Arclight Games und Japanime Games. Ein Deckbuilder mit einem etwas ungewöhnlichen Thema.

Wie der Name des Mitherausgebers, Japanime, bereits anzeigt, ist Tanto Cuore ein Spiel, dessen Thema dem durchschnittlichen Anime-Fan bekannt vorkommen dürfte: Es geht hier um Dienstmädchen, ein sehr häufiger Bestandteil japanischer Serien, sowohl im Anime- wie auch im Live-Action-Bereich. Diese Maids gibt es in verschiedenen Variationen, von der eher 'moe' Meido bis hin zur sexy French Maid. Diese Haushaltshilfen muss man in Tanto Cuore verwalten, neue anheuern und ihre Probleme und Wehwehchen versorgen.


In der Schachtel (internationale englische Ausgabe)findet man:

  • die Spielregel auf Englisch
  • 56 'Liebe'-Karten (36 x 1 Herz, 12 x 2 Herzen, 8 x 3 Herzen)
  • 26 Ereigniskarten (10 x Krankheit, 16 x Schlechte Angewohnheit)
  • 10 verschiedene 'persönliche Maids'
  • 32 'Maid Chefs' (8 x Marianne Soleil, 24 x Colette Framboise
  • 156 'allgemeine Maids', mit zwei Achtergruppen und 14 Zehnergruppen identischer Karten
  • eine Reihe Trennkarten
  • ein Kartonring

Die Karten sind sehr stabil, sie wirken wesentlich dicker und fester als die Karten, die wir von entsprechenden Deckbuilding Games europäischer Herkunft (Dominion, Thunderstone, Freitag etc.) kennen. Die Bilder sehen nett aus, die zu den Karten gehörigen Texte sind auf Englisch. Die Namen der Dienstmädchen sind nicht alle Französisch: es gibt auch Dienstmädchen wie Tanya Petrushka, Kagari Ichinomiya, Nena Wilder etc.

Der Kartonring ist nur dafür gedacht, dass die Karten bei der Auslieferung nicht lose durch die Schachtel rutschen. Bevor jetzt jemand 'Mogelpackung' ruft: Wenn man die Karten, wie ich es für Deckbuilerspiele empfehle, in Hüllen steckt, passen die Karten optimal hinein – es ist noch genug Platz, um die Karten bequem aus der Schachtel zu holen, ohne dass die Karten unnötig lose liegen und dadurch beim Transport leiden.

Jeder Spieler erhält zu Beginn ein 'Kontrolldeck' aus 10 Karten (7 x '1 Herz', 3 x Colette). Die übrigen 'Maid Chefs' werden nach Typ getrennt in den 'Markt' gelegt. Die zehn persönlichen Maids werden gemischt, die ersten beiden werden offen neben den verdeckten Stapel gelegt. Die Ereignisse kommen nach Typ getrennt in den Markt, ebenso die übrigen Herzkarten. Zuguterletzt kommen noch 10 der 16 allgemeinen Maids in den Markt, wobei für das erste Spiel eine Auswahl vorgegeben ist. Hier fehlt mir ein Set 'Auswahlkarten', 'Zufallskarten' oder ähnliches, da in der Spielregel ausdrücklich auch von einer möglichen zufälligen Auswahl gesprochen wird.

Ohne diese Zufallskarten sind drei bzw. vier Kartenhüllenfarben ausreichend: die Hüllen für die 'normalen' Maids und die Herzkarten, eine andere Farbe für private Maids, sowie eine oder zwei Farben für Krankheiten und schlechte Angewohnheiten.

Die Hand einer Runde besteht zu Beginn aus fünf Karten. Der Begriff 'zu Beginn' ist hierbei wichtig, denn die meisten Maids haben besondere Fähigkeiten, und einige ermöglichen auch, zusätzliche Karten nachzuziehen, wenn man ihren Dienst überhaupt verwendet. Das kann allerdings auch in Ermangelung entsprechender Optionen ausfallen.

In jeder Runde muss man insgesamt drei Werte neben den nachzuziehenden Karten im Auge behalten: Liebe, Dienste und Kaufoptionen. Wie viel Liebe (Herzen) zur Verfügung steht, wird in erster Linie durch die Herzkarten bestimmt, die man im Zug auf der Hand hat. Aber: Einzelne Maids geben im Rahmen ihres Dienstes zusätzliche Herzen, zusätzliche Dineste und/oder zusätzliche Kaufoptionen.

Leider hat der 'Dienstherr', also der Spieler, in einer Runde zunächst einmal nur einen Dienst frei, das heißt, er kann den Dienst eines Dienstmädchens auf der Hand verwenden. Wenn hierdurch ein weiterer Dienst 'aktiviert' wird, kann man diesen verwenden, um ein weiteres Dienstmädchen aktiv werden zu lassen. Dies kann auch in Form einer Kettenreaktion mehrere Male hintereinander geschehen, und es kann wichtig sein, die richtige Reihenfolge zu verwenden. Nehmen wir an, jemand hat zwei Dienstmädchen, das eine (A) gibt Herzen und einen zusätzlichen Dienst, das andere (B) zusätzliche Karten: wenn man erst A verwendet, erhält man von beiden die Dienste, wenn man erst B verwendet, erhält man den Dienst von A nicht, also hier vor allem die Herzen.

Wenn alle Dienste abgehandelt sind, hat man eine Anzahl Herzen zur Verfügung und eine Anzahl Kaufoptionen. Man kann jetzt im Markt maximal so viele Karten kaufen wie man Kaufoptionen durch Dienste (plus eine Standard-Option pro Zug) hat, und dabei nur die Herzen ausgeben, die man als Karten oder durch Dienste erworben hat. Wenn man ein Dienstmädchen nicht aktivieren konnte, weil nicht genug Dienste verfügbar waren, gibt es auch die entsprechenden Herzen nicht.

Wer ein persönliches Dienstmädchen erwirbt, legt dieses als 'Kammerzofe' getrennt von den normalen Kartenstapeln – weitere Kammerzofen werden jeweils auf das aktuelle gelegt und ersetzen dieses in der Wirkung. Außerdem kann man bestimmte einzelne 'normale' Dienstmädchen zu Kammerzofen ernennen, was ebenfalls Herzen kostet; auch diese ersetzen die aktuelle Kammerzofe. Die vorherigen bleiben aber im Stapel der 'Privatgemächer' erhalten, denn sie können noch Siegpunkte geben - nur ihre Dienste und Effekte gibt es nicht mehr.

Normale Dienstmädchen und Herzkarten (eine Karte '2 Herzen' kostet 4, eine Karte '3 Herzen' sogar 7 Herzen) kommen auf den Ablagestapel. Außerdem kann man Krankheiten und schlechte Angewohnheiten erwerben – und diese einem Mitspieler aufs Auge drücken. Schlechte Angewohnheiten werden hierbei pro Spieler gesammelt, Krankheiten werden einem bestimmten Dienstmädchen (in der Regel der aktuellen Kammerzofe) angehängt, wodurch diese ihre Spezialfähigkeit nicht mehr einsetzen kann und auch beim Spielende keine Siegpunkte mehr wert ist. Glücklicherweise gibt es aber auch Möglichkeiten, diese Karten wieder los zu werden: einzelne Dienstmädchen bieten dies als Dienst an, außerdem kann man durch Bezahlen von 3 Herzen (auf den Ablagestapel) eine Krankheit wieder entfernen, wodurch der Effekt der Kammerzofe, so weit noch möglich, wieder aktiv wird.

Wenn zwei der Maid-Kartenstapel im Markt leer werden, endet das Spiel, und die Werte der Dienstmädchen in Siegpunkten werden aufaddiert. Auch hier gibt es wieder Spezialeffekte: manche Dienstmädchen gehören zu Familien, die mehr Punkte bringen, wenn sie zusammen anwesend sind, andere bringen Plus- oder Minuspunkte, abhängig davon, wie oft sie im Stapel anwesend sind. Und so weiter.

Die Kartenillustrationen passen zum Thema, sind aber nicht so gewagt, wie manch einer (angesichts seiner Vorurteile) vielleicht erwarten würde. Strapse und ein gewisses Maß an Zettai Ryouiki sind vorhanden, aber nichts 'schlimmeres'.

Das Spiel ist überraschend tief, und bietet mehr Interaktion zwischen den Spielern als ich bei anderen Deckbuilding Games bislang erlebt habe – eventuell mit Ausnahme von Nightfall. Wem das 'Nebeneinanderherspielen' bei beispielsweise Dominion langweilig erschien, hat hier auf jeden Fall ein Spiel, bei dem man ständig damit beschäftigt ist, nicht nur sein eigenes Deck zu verbessern, sondern auch die Decks und Optionen der Mitspieler zu 'versauen' und selber die entsprechenden Versuche der Mitspieler abzuwehren.

Die englische Version des Spiels ist u.a. bei Rebel in Polen und bei Infinity Games und Gamerznexus in Großbritannien erhältlich. Verglichen mit manch anderem Japanischen Spiel darf es damit sogar als ausgesprochen gut verfügbar bezeichnet werden. Und ich finde das Spiel interessant genug und die Interaktion für ein Deckbuilding Game erfrischend genug, dass man m.E. Eventuelle Vorbehalte wegen des Themas erst einmal überkommen sollte und das Spiel ganz einfach 'mal testen sollte.

Auf Japanisch gibt es noch mehrere (selbständig spielbare) Erweiterungen: Tanto Cuore: Expanding the House, Tanto Cuore: Romantic Vacation sowie More Tanto Cuore. Die erste dieser Erweiterungen soll dieser Tage ebenfalls auf Englisch in die Läden kommen.

HerstellerJapanime Games und Arclight Games
AutorMasayuki Kudoh
Spieler 2-4
Denken 8
Glück 6
Geschicklichkeit 0
Preis ca. € 40,50

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